Die saudische Botschaft in Teheran ist am Samstagabend von mehreren Menschen attackiert worden. Nach Angaben von Augenzeugen gingen Teile des Gebäudes in Flammen auf, andere Bereiche innerhalb der Botschaft seien verwüstet worden.
Die iranische Nachrichtenagentur Tasnim meldete, «eine Gruppe von wütenden Iranern» habe die Botschaft aus Protest gegen die Hinrichtung des schiitischen Geistlichen Nimr al-Nimr in Saudi-Arabien angegriffen. Nach Angaben eines Polizeisprechers haben die Sicherheitskräfte die Lage inzwischen wieder unter Kontrolle, es seien keine Demonstranten mehr im Botschaftsgebäude. Die Feuerwehr war vor Ort, um den Brand zu löschen.
Nach der Massenhinrichtung von 47 Menschen in Saudi-Arabien warnten die USA das sunnitische Königshaus in Riad vor einer Verschärfung der Spannungen in der Region. Die Hinrichtungen und die Anti-Regierungsproteste als Reaktion auf die Exekutionen könnten die «konfessionellen Spannungen verschärfen», sagte der Sprecher des Aussenministeriums in Washington, John Kirby, am Samstag.
Kirby forderte Riad zudem auf, die Menschenrechte «zu achten und zu schützen». Riad müsse friedliche Kritik an der Regierung zulassen und mit allen Anführern gesellschaftlicher Gruppen zusammenarbeiten, um die Spannungen nach den Hinrichtungen anzubauen“, sagte der Aussenamtssprecher.
Gegen den globalen Trend
Auch der Europarat hat die Hinrichtungen scharf kritisiert. Die Staatenorganisation und ihre 47 Mitgliedsländer seien «unter allen Umständen gegen die Todesstrafe», erklärte Generalsekretär Thorbjörn Jagland am Samstag in Strassburg. Er sei «ausserordentlich besorgt über die jüngste Zunahme von Hinrichtungen im Königreich, die klar gegen den globalen Trend zur Abschaffung der Todesstrafe geht». Jagland forderte die Regierung in Riad auf, die Todesstrafe zunächst nicht mehr zu vollstrecken.
Der hingerichtete Geistliche Al-Nimr hatte zu den Anführern der Schiiten-Proteste im Osten des Königreichs gehört, die im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 ausgebrochen waren. Al-Nimr war ein entschiedener Gegner des sunnitischen Königshauses in Riad. Er hatte während der Proteste 2011 die Abspaltung der mehrheitlich schiitischen Regionen Katif und Al-Ihsaa im Osten des Landes befürwortet.
Vor einem Jahr wurde er wegen Aufwiegelung, Ungehorsams und Waffenbesitzes von einem Sondertribunal zum Tode verurteilt. Ende Oktober wurde das Todesurteil vom Obersten Gerichtshof Saudi-Arabiens bestätigt.
Der Iran warnte Riad daraufhin vor der Hinrichtung al-Nimrs. Sollte das Todesurteil gegen den Geistlichen vollstreckt werden, werde Saudi-Arabien einen «hohen Preis zahlen», sagte der iranische Vize-Aussenminister Hossein Amir Abdollahian.
Zahl der Hinrichtungen stark gestiegen
Die meisten der rund zwei Millionen saudi-arabischen Schiiten leben im Osten des Landes. Die schiitische Minderheit klagt seit langem über religiöse und soziale Diskriminierung durch das wahhabitische Herrscherhaus.
Das ultrakonservative Königreich richtete im vergangenen Jahr laut einer Zählung der Nachrichtenagentur AFP 153 Menschen hin. Laut Menschenrechtlern waren 2015 so viel Todesurteile vollstreckt worden wie seit 20 Jahren nicht mehr.