Die Bahn muss in Zukunft stärker auf die individuellen Bedürfnisse der Reisenden eingehen – etwa mit einem Bewegungsraum inklusive Yogamatten im Zug. Diese Zukunftsvision haben Mitarbeiter des Gottlieb Duttweiler Instituts (GDI) zusammen mit SBB-Strategen entworfen.
Das Papier trägt den Namen «Mobilität 2025» und wurde während mehrerer Workshops erarbeitet. Die Autoren halten fest, dass sich die Verkehrsinfrastruktur, die «Hardware», in zwölf Jahren nicht grundlegend von der heutigen unterscheiden wird.
«Wir werden weder eine Swissmetro haben, noch in fliegenden Autos unterwegs sein», heisst es im Bericht. Grosse Veränderungen erwarten die Autoren aber im Mobilitätsverhalten der Menschen, in der «Software».
Sie zeichnen eine Zukunft, in der sich der öffentliche und der individuelle Verkehr immer weiter annähern, bis sie schliesslich eins sind. Der Verkehrsteilnehmer werden die Verkehrsmittel demnach pragmatisch kombinieren und sich nicht mehr als Auto- oder ÖV-Benutzer definieren.
In diesem zukünftigen Verkehrsumfeld wollen die Reisenden weiterhin die Kontrolle über ihren Reiseweg haben. Sogenannte «Smart Cities», in denen die Verkehrsteilnehmer computergesteuert und effizient durch das Verkehrsnetz geschleust werden, sehen die Autoren nicht als valable Option. Mobilität ohne Mitsprache sei nicht attraktiv.
Ergometer und Yogamatten
Vielmehr werden die Reisenden gemäss dem Zukunftspapier weiterhin über die Art und Weise ihrer Reise bestimmen. Eine gewichtige Rolle werden dabei sogenannte Sharing-Angebote einnehmen, also das Teilen von Verkehrsmitteln wie Autos und Velos mit anderen Personen.
Die Verkehrsanbieter müssen sich wohl oder übel an die zunehmend flexiblen Lebensstile anpassen, bei denen sich die Grenzen zwischen Freizeit und Arbeit auflösen. «Das Café wird zum Arbeitsort und das Büro zum Fitnesscenter», heisst es im Bericht.
In Zukunft soll das Innenleben eines Zuges deshalb besser auf die verschiedenen Bedürfnisse angepasst sein: Das körperbewusste Paar im mittleren Alter setzt sich 2025 vielleicht in den Bewegungsraum, wo ein Ergometer und Yogamatten bereitstehen. Der Teenager hingegen kann sich auf dem Rückweg aus dem Ausgang im «Chill-Out-Wagen» einen letzten Drink genehmigen.
Die Möglichkeit, dass die SBB-Wagen in zwölf Jahren mit diesen neuen Angeboten gefüllt werden, ist nicht ganz ausgeschlossen: Den Auftrag für die Zukunftsstudie gaben die Bundesbahnen, am Papier wirkten mehrere SBB-Mitarbeiter aus dem Bereich Unternehmensentwicklung mit.
Punkte als Zahlungsmittel
Zu erwarten ist, dass das Bahnfahren bis im Jahr 2025 massiv teurer wird. Im Gegensatz zu heute werden sich die Verkehrsteilnehmer gemäss dem Bericht nämlich viel stärker an den von ihnen verursachten Mobilitätskosten beteiligen müssen – ob auf der Strasse, der Schiene oder in der Luft.
Den Autoren schwebt dabei ein System mit Mobilitätspunkten vor. Für die Fahrt mit dem Velo gibt es solche Punkte, oder auch für das Anbieten von Fahrleistungen. Die Punkte können dann wiederum für die Zugfahrt eingesetzt werden – aber auch für den Einkauf im Quartierladen.
Die steigenden Kosten haben auch einen positiven Effekt auf die Siedlungsentwicklung: Viele Menschen könnten sich allein aus Kostengründen kein Haus im Grünen mehr leisten, heisst es im Bericht. Das Verkehrssystem der Zukunft fördere damit die «Siedlungsentwicklung nach innen».