Die Billettpreise in der Schweiz dürften bis 2033 um durchschnittlich 1,5 Prozent pro Jahr steigen, wegen FABI möglicherweise sogar etwas mehr. Das plant die SBB, wie der SBB-Verwaltungsratspräsident Ulrich Gygi in einem Interview mit der «SonntagsZeitung» sagte.
Gemäss der Langfristplanung sollen die Billettpreise laut Gygi analog der angenommenen Teuerung angepasst werden. «Konkret gehen wir von 1,5 Prozent im Jahr aus.»
Wegen des Bahnpakets FABI könnte die Tariferhöhung aber auch über die Teuerung hinaus gehen: «Wenn wir nun die geplanten Ausbauschritte im Rahmen von FABI realisieren, wird das Angebot besser. Deshalb werden wir dann etwas mehr als die Teuerung aufschlagen», sagte Gygi.
Zahlen wolle er keine nennen. Klar sei aber, dass neben Bund und Kantonen auch die Nutzerinnen und Nutzer der Bahn stärker zur Kasse gebeten werden müssten, «also alle, die profitieren».
Änderungen beim GA möglich
Die Bahn leide darunter, dass die Tarife dauernd erhöht werden müssten, während dies bei der Strasse nicht der Fall sei, sagte Gygi weiter. Ein Mobility-Pricing-System für Strasse und Bahn, bei dem auch externe Kosten verrechnet würden, könnten nach Gygis Meinung «gleich lange Spiesse» schaffen.
Die externen Kosten wie Unfallkosten, Lärm oder Landverbrauch seien bei der Strasse «erwiesenermassen um ein Mehrfaches höher als bei der Bahn» – auch wenn die Autolobby das Gegenteil betone.
Hohe Investitionen – schlankerer Betrieb
Um die hohen Investitionen etwa in die Durchmesserlinie in Zürich, den Gotthardbasistunnel oder neue Züge zu stemmen, müsse der Betrieb der SBB schlanker werden. «Und längerfristig brauchen wir ein Preissystem, das den tatsächlichen Konsum von Leistungen in Rechnung stellt.»
Dafür werde «eine gewisse Umgestaltung» beim Generalabonnement nötig sein. Von einer Abschaffung des beliebten GA will er indes nichts wissen. «Wir dürfen unsere Halbtax- und GA-Kunden nicht vertäuben», sagte Gygi.
Überlegenswert fände Gygi, «ob und in welcher Weise auch die Wirtschaft mehr zur Finanzierung des ÖV herangezogen werden sollte», da Mobilität die Arbeitsproduktivität steigere. Er rechnet aber eher nicht, dass es zu diesem Schritt kommen wird. Angesichts des internationalen Standortwettbewerbs dürfte die Bereitschaft fehlen.
«Bombardier hat Ruf zu verlieren»
Im Interview nahm der SBB-Verwaltungsratspräsident auch zum Hickhack um die Bestellung neuer Züge bei Bombardier Stellung. Er zeigte sich zuversichtlich, dass Anfang 2016 die ersten Einheiten auf dem Schweizer Schienennetz rollen werden.
«Bombardier hat einen Ruf zu verlieren. Meine Zuversicht gründet allerdings auf Optimismus», sagte Gygy. Einen verbindlichen Lieferplan habe die SBB nicht erhalten.
Von einer Millionenforderung seitens Bombardier wegen nachträglicher Auftragsänderungen wisse die SBB offiziell nichts. «Bombardier baut verhandlungstaktisch eine Gegenposition zu den SBB auf, was verständlich ist», zeigte sich Gygi überzeugt. Müsse Bombardier die Konventionalstrafen wegen der Verzögerungen bezahlen, sei der Auftrag bald nicht mehr rentabel.
Zeitdruck am Gotthard
Doch auch die Beschaffung der 29 Schnellzüge für die neue Gotthardstrecke verzögert sich, weil laut Gygi keine Standardlösung zur Verfügung steht. «Wir müssen den Zug auf Mass produzieren lassen», was die Sache teurer werden lasse.
Wegen des Behinderungsgleichstellungsgesetzes könne nicht nur auf das bekannte Modell ETR 610 zurückgegriffen werden: «Um eine Betriebsbewilligung zu erhalten, brauchen wir bis 2020 eine Flotte, bei der mindestens 60 Prozent der Fahrzeuge behindertengerecht sind.»
Die SBB sei diesbezüglich unter Zeitdruck; ein neuer Tunnel ohne neuen Zug «wäre peinlich für uns», aber keine nationale Katastrophe.