Die SBB soll bis 2020 keine Drittverkaufsstellen schliessen dürfen. Das fordert der Nationalrat. Er will den Bundesrat beauftragen, der SBB ein Moratorium aufzuerlegen.
Die grosse Kammer stimmte am Dienstag einer Motion ihrer Verkehrskommission (KVF) mit 93 zu 79 Stimmen bei 12 Enthaltungen zu. Als nächstes entscheidet der Ständerat über den Vorstoss.
Avec-Läden, Migrolino-Shops und private Stationshalter an Bahnhöfen verkaufen heute auf Vertragsbasis mit den Bundesbahnen Billette und Abonnemente, mancherorts fungiert auch die Post als Bahnschalter. Dafür erhalten die sogenannten Drittverkaufsstellen Provisionen.
Zeit gewinnen
Die SBB hatte vergangenen Herbst angekündigt, dass sie den bedienten Verkauf reduzieren und Billette nur noch selber verkaufen will. Bei den betroffenen Gemeinden, Kantonen und der Bevölkerung habe die vorgesehene flächendeckende Schliessung der 52 Drittverkaufsstellen per 2018 «völliges Unverständnis» ausgelöst, sagte Kommissionssprecher Thomas Ammann (CVP/SG).
Zwar nehme der Billettkauf über elektronische Vertriebskanäle laufend zu. Die Drittverkaufsstellen dürften aber nicht so rasch geschlossen werden. Es müsse sichergestellt werden, dass der Ticket-Bezug weiterhin für alle Menschen – auch für ältere und für Menschen mit Behinderung – einfach möglich sei.
Populäre Petition
In einer Petition hatte der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) die SBB im Frühling aufgefordert, ihren Entscheid zur Schliessung aller Drittverkaufsstellen zurückzunehmen. 32’000 Menschen setzten ihre Unterschrift unter die Bittschrift, die der SBB in Bern überreicht wurde.
Mit den 52 Drittverkaufsstellen verschwänden knapp ein Viertel aller bedienten Verkaufsstellen in der Schweiz. Die SBB wolle so 5 Millionen Franken pro Jahr einsparen, schrieb der VCS in einer Mitteilung. Angesichts eines Budgets von jährlich knapp 9 Milliarden Franken sei diese Einsparung «unverhältnismässig» klein.
Bundesrat gegen Einmischung
Als Eigentümer gibt der Bundesrat der SBB für jeweils vier Jahre die strategischen Ziele vor. Er erwartet von der SBB, dass sie ihre Dienstleistungen unter Berücksichtigung der sich wandelnden Kundenanforderungen weiterentwickelt.
«Der Entscheid der SBB, den Billettverkauf durch Dritte einzustellen, fällt in die operative Tätigkeit des Unternehmens, auf welche der Bundesrat grundsätzlich keinen Einfluss nimmt», sagte Verkehrsministerin Doris Leuthard im Nationalrat. Auch das Parlament sollte sich ihrer Meinung nach zurückhalten.
Im Rahmen der vom Bundesrat im April 2016 verabschiedeten Strategie Digitale Schweiz werde derzeit geprüft, ob der Zugang zu den Vertriebssystemen des öffentlichen Verkehrs geöffnet werden solle, damit Dritte ohne Zustimmung eines Transportunternehmens Billette verkaufen dürften.