Unmittelbar vor dem Start der finalen Playoff-Phase bahnt sich ein Machtkampf zwischen Bern und der Liga-Spitze an. Der Aufhebung der Scherwey-Sperre folgt ein Verfahren gegen Ueli Schwarz.
Die Fakten vorweg. Tristan Scherwey wird am kommenden Samstag (20.15 Uhr) beim Playoff-Final-Auftakt in Lugano spielberechtigt sein. Das Verbandssportgericht hat die von Einzelrichter Reto Steinmann verhängte Sperre und die in der Höhe von 1450 Franken angesetzte Busse gegen den Stürmer vollumfänglich aufgehoben.
Unmittelbar nach dem Freispruch Scherweys kursierte ein Papier mit weitaus heiklerem Inhalt. Der Verband übermittelte, der SC Bern beantrage ein Verfahren gegen Schwarz. Der SCB werfe dem Direktor der National League vor, sich in der «Causa Scherwey» bei der Urteilsfindung «aktiv eingemischt» zu haben. Konkret heisst das: Ueli Schwarz soll Einzelrichter Reto Steinmann dazu gedrängt haben, gegen Tristan Scherwey eine Spielsperre auszusprechen, weil der von der Liga als Chefankläger eingesetzte Kanadier Stéphane Auger eine Sanktion gewünscht habe.
Die Judikative sei eine unabhängige Instanz und dürfe nicht beeinflusst werden, begründen die SCB-Verantwortlichen ihren ungewöhnlichen Vorstoss. Indirekt unterstellt der mächtige SCB Schwarz quasi, sein Amt missbraucht zu haben – so zumindest ist das erste Communiqué aus dem Verbands-Office zu interpretieren.
75 Minuten später reicht die SIHF-Kommunikationsabteilung eine beschwichtigende Passage nach: «Der Antrag des SCB will eine Abklärung, ob und inwieweit sich Ueli Schwarz in die Belange des Einzelrichters eingemischt hat.»
SCB-Geschäftsführer Marc Lüthi seinerseits veröffentlichte auf Twitter nahezu zeitgleich sein als «Eingabe» deklariertes Schreiben und verwies auf einen bei «Sportal TV» ausgestrahlten Hockey-Talk von Mittwochabend. Ein Journalist habe die offenbar umstrittene Rolle Schwarz‘ im aktuellen Fall thematisiert. Nun gehe es darum abzuklären, «was wahr ist», so Lüthi.
Swiss Ice Hockey will die hoch brisante «Eingabe» Berns derzeit nicht kommentieren, lässt aber durchschimmern, weder Schwarz noch der Verband würden die Gewaltentrennung infrage stellen – der Sachverhalt sei aber umstritten. Die nun seitens des SCB angestossene Untersuchung wird von einer unbeteiligten Stelle durchgeführt.
Der in den bisherigen Prozess involvierte Einzelrichter Reto Steinmann sowie sein Vertreter Oliver Krüger sind in den Ausstand getreten. Weitere Details und Präzisierungen veröffentlichte der Verband nicht mehr. Man wolle «keine Vorverurteilungen schüren», meldete die SIHF-Zentrale.
Noch ist die Tragweite der (nach wie vor) gravierenden Mutmassungen nicht absehbar, mit einer raschen Klärung ist kaum zu rechnen. Entscheidend im Verfahren wird die Zeugenaussage Steinmanns sein. Schon bei früheren Fällen (Sprunger) kursierten Gerüchte, die Ligaführung soll sich beim Einzelrichter in die Urteilsfindung eingemischt haben.