Deutschland zelebriert Cup-Sensationen und Amateure wie kaum ein anderes Fussball-Land. Nicht nur der Rekordtitelträger Bayern wird ab und zu mit Spott übergossen.
Im deutschen Cup rollen die Amateure und Unterklassigen der Bundesliga-Prominenz nur vereinzelt den roten Teppich aus. Der bis in tiefere Klassen überaus professionelle Unterbau hegt in den «Spielen des Jahres» oft mehr den olympischen Gedanken. Blamagen der Topklubs haben eine lange Tradition. Im August vor 26 Jahren liess sich der FC Bayern München in der Startrunde vom krassen Aussenseiter FV Weinheim düpieren, Dortmund verabschiedete sich in der gleichen Saison gegen den damaligen Viertligisten Greuther Fürth.
1994 wurde Bayerns Coach Giovanni Trapattoni gleich beim Einstand mit Hohn und Spott übergossen: 0:1 im 1/32-Final gegen den TSV Vestenbergsgreuth. «Die unvergessene Schmach», erinnert sich der frühere Münchner Professional Didi Hamann in seiner Kolumne beim «Spiegel». Oliver Kahn, Lothar Matthäus, Mehmet Scholl, heute allesamt TV-Kritiker, wurden nach einer fast beispiellosen Blossstellung vor über zwei Dekaden vorübergehend zu Witzfiguren der deutschen Fussball-Nation degradiert.
Vor nicht allzu langer Zeit stürzte die TSG Hoffenheim beim Berliner Viertligisten AK regelrecht ab. Unter diesem 0:4 hatte der Klub lange zu leiden. Der Schweizer Eren Derdiyok, mittlerweile bei Galatasaray Istanbul engagiert, war am Totalversagen mitbeteiligt.
Im Vergleich zum Knock-out-Wettbewerb in der Schweiz sind die Bundesligisten im Schnitt häufiger gefährdet. Vor Jahresfrist scheiterten der Hamburger SV in blamabler Weise (2:3 n.V. in Jena), Hoffenheim (0:2 gegen 1860 München) und Ingolstadt (1:2 in Unterhaching) zumindest überraschend gegen Unterklassige. In der 2012/13 verschwand sogar die Rekordzahl von sechs Etablierten von der DFB-Pokal-Bildfläche.
Geldsegen für die Kleinen
Die Gastspiele der Stars auf den kleineren Bühnen sind für die Vertreter der Provinz nicht nur der sportlichen Herausforderung wegen Glücksmomente. Der Verband schüttet gegen 65 Millionen Euro aus; in der 1. Runde sind pro Klub 155’000 garantiert.
Für einen Sechstligisten wie Villingen lohnt sich das Cup-Geschäft selbstredend wie keine andere Veranstaltung im Klubjahr. Der SC 08 empfängt Schalke und wird sein Heimspiel in die rund 70 Kilometer entfernte Arena des SC Freiburg verlegen. Die Freizeit-Kicker kalkulieren mit rund 20’000 Zuschauern und 200’000 Nettoeinnahmen. «Damit können wir Ende des Jahres unsere Altlasten in der Höhe von 166’000 Euro auf einen Schlag tilgen», erklärt Villingens Sportchef Martin Braun im «kicker».
Problematisches Derby
Nicht überall überwiegt aber die Folklore, es sind selbst im frühen Cup-Stadium Brennpunkte zu erwarten. In Dresden prallen zwei Fussball-Anschauungen aufeinander. Der achtfache DDR-Meister Dynamo empfängt den in gewissen Fankreisen verpönten Bundesliga-Emporkömmling RB Leipzig, der sich dank der Finanzkraft des Energy-Drink-Imperiums von Dietrich Mateschitz innerhalb von sieben Jahren aus dem sportlichen Nichts Zutritt zur deutschen Klub-Beletage verschaffte.
«Zwischen den Klubs liegen nur 100 Kilometer, zwischen den Fans sind es Welten», schreibt die «Welt» vor dem brisanten Sachsen-Gipfel. In Dresden leben sie die Verachtung des reichen Kontrahenten offen aus. Auf der offiziellen Homepage wird innerhalb einer Fan-Charta dazu aufgerufen, das «Tragen, Verteilen und Darstellen der Marke Red Bull» zu missbilligen.
Geschäftsführer Ralf Minge spricht dem Duell gar den Derby-Charakter ab: «Das hatten wir früher mit Lok. Das kann man nicht mit RB vergleichen.»
Diverse Schweizer Nationalspieler im Einsatz
Knapp eine Woche vor dem Start zur Bundesliga-Kampagne stehen beim Warm-up im Cup auch diverse Schweizer Nationalspieler erstmals seit dem EM-Out wieder im Pflichtspieleinsatz. Breel Embolo dürfte zur Schalker Startformation zählen. Der 19-jährige Rekord-Einkauf (22,5 Millionen Euro) soll in Villingen eine neue Erfolgs-Ära der Knappen einleiten.
Admir Mehmedi trifft mit Bayer Leverkusen auf den SC Hauenstein. Der Verein aus dem 4000-Einwohner-Dörfchen in der Südwestpfalz verfügt nahezu über keine Cup-Erfahrung; in der letzten Meisterschaft stand die Prominenz an der Seitenlinie: Der Ex-Weltmeister Jürgen Kohler zog sich aber nach lediglich zwölf Monaten zurück.
Auch für Hoffenheims Verteidiger Fabian Schär ist das Kontrastprogramm im ersten Auftritt nach dem Ausscheiden gegen Polen gross. Er hat vor 3000 Zuschauern im August-Wenzel-Stadion gegen den Regionalliga-Aufsteiger Germania Egestorf/Langreder anzutreten.
Sommers Forfait
Vier Tage nach dem 3:1 gegen YB im Champions-League-Playoff muss Yann Sommer erneut pausieren. Die Nummer 1 von Mönchengladbach verspürte im lädierten Sprunggelenk Schmerzen. Der Keeper wird gegen den krassen Aussenseiter Drochtersen/Assel von Tobias Sippel vertreten. «Bei Yann ist ein längerer Ausfall aber nicht zu befürchten», entwarnte Trainer André Schubert.