Philip Huang ist freischaffender Künstler, schwul und glaubt weder an einen Sozialstaat geschweige denn an die öffentliche Kulturförderung. Eine seltene Mischung.
Kultur, die lassen wir uns in der Schweiz etwas kosten. Obwohl längst nicht alle davon profitieren, haben Bund, Kantone und Gemeinden 2007 durchschnittlich 294 Franken pro Einwohner an Kultursubventionen ausgegeben. Und wenn ein Projekt keine öffentliche Förderung geniessen kann, wird es meist gar nicht erst realisiert. Ausnahmen bestätigen die Regel, wie der neu erschienene Film «Mary & Johnny» der kamm(m)acher GmbH (Regie: Samuel Schwarz) beweist.
In den USA beliefen sich die öffentlichen Kultursubventionen 2011 auf Dollar 1.12 Milliarden. Das sind eben mal Dollar 3.58 pro Kopf. Im Gegensatz dazu stehen die Ausgaben des US Departements für Verteidigung mit Dollar 687.1 Milliarden; pro Kopf ergibt das 2’141 Dollar.
Bei dieser geringschätzigen öffentlichen Anerkennung war ich überzeugt, dass amerikanische Künstler nur nörgeln und quengeln. Weit verfehlt!
Kulturförderung à la Teaparty
Philip Huang, das Enfant Terrible der hiesigen Qeer Arts Szene, hat genug gestänkert. Eines Morgens erwacht der in die Krise geratene Jungautor, und es trifft ihn wie der Blitz: «Wie wäre es, wenn ich aufhörte meinem Agenten und meinem Lektor die Schuld an meiner beruflichen Misere in die Schuhe zu schieben? Wie wäre es, wenn ich auf Drittpersonen wie Kunstförderer pfeifen würde, und ich einfach genau das täte, wozu ich Lust habe? Was könnte ich heute tun, das weder eine Kulturinstitution, noch Fördergelder braucht? Nun, ich hab diese hübsche Wohnung, und in mir schlummert der Traum, Schauspieler zu sein.» Und zum ersten Mal in seinem Künstlerdasein nimmt Philip sein Schicksal selbst in die Hände. Er gründet das Home Theater Festival. Philips Vision für das Hometheater Festival: «Wenn du Teilhaben willst, nimm Teil. Gib Adresse, Datum und Zeit deiner Performance auf der Facebookseite an. And do it. I don’t fucking care! Es ist totale populistische Kontrolle. Es ist so Teaparty! – Ich sage immer, ich bin die Michele Bachmann der San Francisco Kunstszene. Ich habe ein solches Misstrauen gegenüber Institutionen. Ich glaube nicht an einen Sozialstaat. Öffentliche Kulturförderung hemmt den Künstler. Er denkt sich, dass er ohne die Förderung seine Kunst gar nicht herstellen kann. Er stützt sich auf Dritte ab. Das ist falsch.»
Go West!
Als Künstler in den USA ist es unerlässlich sich unternehmerische Kompetenzen anzueignen. Es gibt hier in San Francisco nur sehr begrenzte Möglichkeiten, ein Kunststipendium zu ergattern. Wir Künstler können entweder unsere Energie darauf verwenden, den beschränkten Möglichkeiten hinterherzuhecheln und uns gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Oder wir können einfach unsere Köpfe 40 Grad nach rechts drehen und neues Land für die Kunst erobern. Es gibt endlose Möglichkeiten! Ja, da dringt so ein amerikanischer Pionier-Esprit in mir durch. Lass uns nach Westen ziehen und neues Land erobern!
Schamlose Selbstvermarktung
Wenn du etwas willst, musst du es dir einfach nehmen. Das ist meine Philosophie der schamlosen Selbstvermarktung. Nun, deine Kunst die muss natürlich gut sein, das versteht sich von selbst. Die Kunst muss immer gut sein.
Ich finanziere meine Kunst über Shit-Jobs. Ich arbeitete auf der Intensivstation, und ich prostituiere mich – wie dies übrigens zahlreiche andere Künstler in der Bay Area tun. Künstler sind nicht kreativ, wenn sie nur rumhängen. Sie sollten wenigstens im Service arbeiten, sonst kiffen sie den lieben langen Tag.
Das heilige Dreieck der Kunst
Wir leben in einem Freien Markt. Das heilige Dreieck der Kunst, das beinhaltet dich (den Künstler), dein Produkt und den Konsumenten – da ist kein Platz für den Kunstförderer oder gar den Staat. Du möchtest auch nicht, dass die Kirche zwischen dir und Gott interveniert. Du solltest einen direkten Draht zu deinem Gott haben. Im Freien Markt kann dich der Konsument auch verlassen. Wenn die Zuschauer kommen und deine Arbeit nicht mögen, lassen sie dich fallen. Diese Ablehnung wirft dich wieder auf dich selbst zurück. Du kannst keine Institution dafür verantwortlich machen.
Demokrat im Herzen
Ich liebe die republikanische Rhetorik. Aber tief in mir drin steckt ein Linker: Ich glaube an Gleichberechtigung und gleiche Chancen für alle! Ich glaube an Diversität. Am Ende des Tages wähle ich doch demokratisch – obwohl es uns Obama weiss Gott nicht leicht macht.»