Das Bundesgericht befasst sich heute mit dem Inserat «Kosovaren schlitzen Schweizer auf». Die beiden Verantwortlichen, der damalige SVP-Generalsekretär Martin Baltisser und seine Stellvertreterin Silvia Bär, hatten gegen ihre Verurteilung Beschwerde eingereicht.
Im März 2016 hatte das Obergericht Bern Baltisser und Bär wegen der Veröffentlichung des Inserats im Rahmen der Kampagne für die Masseneinwanderungsinitiative 2011 wegen Rassendiskriminierung für schuldig befunden. Sie wurden gemäss Absatz 1 (Aufruf zu Hass oder Diskriminierung) zu bedingten Geldstrafen von 45 Tagessätzen zu je 300 beziehungsweise 220 Franken verurteilt.
Das Obergericht hielt fest, dass mit dem Inserat eine Pauschalisierung vorgenommen werde. Es könne nicht anders verstanden werden, als dass alle Kosovaren Schlitzer seien. Eine ganze Ethnie werde herabgesetzt, und die Behauptung verstosse gegen die Menschenwürde. Das SVP-Kader könne sich deshalb nicht auf die Meinungsäusserungsfreiheit berufen.
Die Verteidiger der beiden SVP-Kader machten vor Gericht geltend, dass mit dem Plakat ein konkreter Fall geschildert werde – nämlich einen Angriff auf einen Schweizer Schwinger in Interlaken.
Vor Bundesgericht beantragen Baltisser und Bär einen Freispruch.
Vermurkster Start
Die Staatsanwaltschaft Bern tat sich schwer mit der Untersuchung im Zusammenhang mit dem Inserat. Es stellte das Verfahren zwei Mal ein. Das Obergericht hob die entsprechenden Entscheide jedoch auf und wies die Sache zur weiteren Untersuchung zurück.
Zwei Kosovaren hatten als Privatkläger gegen die Einstellungsverfügungen der Staatsanwaltschaft geklagt. Erst im Dezember erhob diese schliesslich Anklage gegen Baltisser und Bär.
Die Berner Strafverfolgungsbehörden waren bereits vom Bundesstrafgericht dazu gezwungen worden, die Untersuchung zu führen. Zuvor hatten sich die Berner und Zürcher Justiz gegenseitig die Zuständigkeit zugeschoben.
Vorsicht bei Verlagshäusern
Das Inserat wurde am 19. August 2011 auf den Webseiten der SVP aufgeschaltet. Das Inserat erschien zudem in der «Neuen Zürcher Zeitung» und im «St. Galler Tagblatt» vom 25. August des gleichen Jahres. Diverse Verlagshäuser lehnten die Publikation des Inserats ab, weil sie es als rassistisch qualifizierten.
Die Verantwortlichen für das Inserat akzeptierten eine Änderung der Schlagzeile in «Kosovare schlitzt Schweizer auf». In dieser Form wurde das Inserat nicht beanstandet.
Auch bei der französischen («Des Kosovars poignardent un Suisse!») und italienischen Version der Schlagzeile («Dei Kosovari pugnalano uno Svizzero!») kam es zu keinem juristischen Nachspiel.
Die Gewalttat, die das Motiv für das Inserat bildete, hatte eine Verurteilung zur Folge. Der aus dem Kosovo stammende Mann, der im August 2011 einen Schweizer mit einem Messer gefährlich verletzte, wurde wegen versuchter vorsätzlicher Tötung zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.