Im Prozess gegen den US-Whistleblower Bradley Manning hat die Staatsanwaltschaft dem Armee-Obergefreiten vorgeworfen, vertrauliche Dokumente aus Eigennutz weitergereicht zu haben. «Er war nur daran interessiert, es zu etwas zu bringen», sagte Staatsanwalt Ashden Fein im Schlussplädoyer.
Stundenlang habe Manning nur nach Dingen gesucht, die Wikileaks interessieren könnten und dank seiner speziellen Ausbildung sehr genau gewusst, welche Konsequenzen ihm für seine Handlungen drohten. Ihm sei auch klar gewesen, dass er eine entscheidende Rolle darin spielte, das Verteidigungsministerium der USA zu schützen.
Mehrfach zeigte Fein in seinem mehr als zweieinhalb Stunden andauernden Schlussplädoyer am Donnerstag eines der mehr als 160 Beweisstücke: Ein Foto, das Manning von sich gemacht haben soll, kurz bevor er die streng vertraulichen Dokumente abschickte.
Manning habe vor allem um die Gunst von Wikileaks-Chef Julian Assange gekämpft, sagte Fein: «Es ist offenkundig, dass Manning so viel Informationen wie möglich sammelte, um Assange zu gefallen.»
Die Plattform bestehe im Grunde genommen nur aus «Informations-Anarchisten», sagte Fein. «Der einzige Mensch, der dem Obergefreiten Bradley Manning wichtig war, war er selbst.»
Manning hat bereits gestanden, hunderttausende geheime Dokumente aus Armeedatenbanken an die Enthüllungsplattform Wikileaks weitergereicht zu haben. Er streitet aber jede böse Absicht ab.
Anträge abgelehnt
Der Beginn der Schlussplädoyers der Verteidigung verzögerte sich mehrfach, bis zum Nachmittag (Ortszeit) hatten sie noch nicht begonnen. Manning trug wie zuvor seine dunkelblaue Paradeuniform. Die Wortwechsel im Gerichtssaal verfolgte er gespannt und stumm und meldete sich nicht zu Wort.
Manning-Dokumente auf bin Ladens Computer
Die Anklage erhob im Prozess schwere Vorwürfe, darunter «Unterstützung des Feindes» (aiding the enemy), worauf die Todesstrafe droht. Von Manning veröffentlichte Dokumente wurden später auf dem Computer von Terrorchef Osama bin Laden gefunden, dem Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001.
Manning beteuert in den meisten Anklagepunkten seine Unschuld. Die Staatsanwaltschaft verzichtete auf die Maximalstrafe und fordert insgesamt lebenslang plus 154 Jahre Haft. Der Prozess hatte Anfang Juni begonnen, das Urteil wird im kommenden Monat erwartet.
Das Verfahren vor dem Militärgericht in Fort Meade bei Washington ist der erste grosse Prozess gegen einen Whistleblower. Beobachtern zufolge könnte er zum Präzedenzfall für weitere Whistleblower werden, darunter für Wikileaks-Chef Julian Assange und den von den USA gesuchten Edward Snowden, der die NSA-Spionage öffentlich gemacht hatte.