In Turin hat die zuständige Richterin am Dienstag grünes Licht für einen zweiten Eternit-Prozess im Zusammenhang mit asbestverursachten Todesfällen gegeben. Stephan Schmidheiny muss sich aber nur wegen fahrlässiger und nicht wegen vorsätzlicher Tötung verantworten.
Als Konsequenz dieses Entscheids von Richterin Federica Bompieri tritt in einer Vielzahl der von der Anklage aufgeführten Fälle die Verjährung ein. Zudem verwies die Richterin auf Antrag der Verteidigung noch nicht verjährte Fälle an die regionalen Staatsanwaltschaften von Reggio Emilia, Neapel und Vercelli.
In Turin selbst kommt es damit am 14. Juni 2017 zur Verhandlung von lediglich zwei Fällen. Der Anwalt von Stephan Schmidheiny sprach nach dem Urteil in Turin von einem «grossen Sieg».
Im Verfahren geht es um den Tod von durch Asbest erkrankten oder an asbestbedingten Krankheiten verstorbenen Menschen im Zusammenhang mit Werken der Eternit S.p.A. (Genua) in Italien.
Schmidheiny war bis zu deren Konkurs 1986 zunächst grösster und später Hauptaktionär. Die Firma stellte in ihren Werken Produkte aus Faser- und Asbestzement her, so zum Beispiel, Röhren, Elemente für Fassaden und Dächer oder Blumenkisten.
Jahrelanger Prozess
Die Turiner Staatsanwaltschaft ging seit mehr als zehn Jahren gegen Schmidheiny vor. In einem ersten Verfahren stand neben ihm auch der belgische Baron Jean-Louis de Cartier vor Gericht.
Die Anklage gegen die beiden Unternehmer lautete auf die Verursachung einer Umweltkatastrophe und der vorsätzlichen Unterlassung von Sicherheitsmassnahmen in italienischen Eternit-Fabriken. Damit hätten die Mitbesitzer rund 3000 Krankheits- und Todesfällen billigend in Kauf genommen.
Die ersten beiden Instanzen befanden die Angeklagten für schuldig und verurteilten sie 2013 zu hohen Haftstrafen und Schadensersatzzahlungen in dreistelliger Millionenhöhe. De Cartier starb im Verlaufe des Asbestprozesses; das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.
Schmidheiny zog das Urteil vor den Kassationshof in Rom weiter. 2014 annullierten die Richter überraschend das Urteil der Vorinstanz und sprachen Schmidheiny wegen Verjährung frei.
Die Turiner Staatsanwaltschaft forcierte kurz drauf einen zweiten Prozess gegen Schmidheiny – in Italien «Eternit bis» genannt (übersetzt: «Eternit zum Zweiten»). Im Verfahren ging es um 258 Todesfälle, die Anklage lautete auf vorsätzliche und fortgeführte Tötung.