Dass Donald Trump die Wahl zum US-Präsidenten gewinnen würde, hätte der scheidende Bundespräsident Johann Schneider-Ammann nicht erwartet. Zuversichtlich gibt er sich, was die künftige Regierung von Polit-Neuling Trump angeht.
«Ich hatte am Vorabend der Wahl zwei Gratulationsbriefe vor mir, die ich unterschreiben sollte. Ich unterschrieb nur einen. Den anderen musste ich dann am nächsten Morgen unterschreiben. Auch ich lag falsch», sagte Schneider-Ammann in einem Interview mit der «Schweiz am Sonntag». In einem Telefongespräch mit Trump sei es ihm dann aber wohl «ganz gut gelungen, die Schweiz auf die politische Landkarte des künftigen US-Präsidenten zu setzen».
Trump habe der Schweiz Respekt gezollt und unter anderem mehr über die Handelssituation wissen wollen. «Ich bin da gar nicht so pessimistisch», sagte Schneider-Ammann im Interview im Bezug auf die künftige US-Regierung. Denn Trump habe Leute in sein Kabinett geholt, die Grosskonzerne gesteuert haben. «Ich gehe davon aus, dass auch sie den Erfolg von ihren Business-Aktivitäten vor allem im Erschliessen von zusätzlichen Märkten gefunden haben.» Und offene Märkte seien für die Schweiz die einzige Chance.
Gefährliche Selbstgefälligkeit
Mit Abstiegsängsten, die als Ursache für den Ausgang der US-Wahlen ins Feld geführt wurden, müsse auch die Schweiz als wohlhabendes Land umgehen können. Das Gefährlichste sei diesbezüglich die Selbstgefälligkeit, warnte der FDP-Bundesrat.
«Wenn unsere Gesellschaft offen und frei bleiben will – nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht -, müssen wir wieder Vertrauen schaffen und Ängste abbauen. Sonst werden wir zu einer Gesellschaft, die alles regeln und normieren will. Etwa in unserem westlichen Nachbarland ist viel mehr durchreguliert, der Preis dafür sind hohe Arbeitslosigkeit und gesellschaftliche Probleme.»
«Complimenti» vom Papst
Auf sein zu Ende gehendes Amtsjahr als Bundespräsident angesprochen, zählte Schneider-Ammann drei Ziele auf, die zu Beginn definiert worden seien: Beschäftigung erhalten, terroristische Attacken vermeiden und die Klärung des Verhältnisses zu Europa.
Highlight des Jahres sei für ihn nicht etwa das Treffen mit Obama oder das Trump-Telefonat sondern der Besuch bei Papst Franziskus gewesen. «Es war unerwartet, dass ich mit ihm allein 45 Minuten sprechen konnte – ohne Übersetzer, ohne Stab.» Es habe ihn beeindruckt, dass er ein so natürlicher, normaler Mensch sei. Der Pontifex habe der Schweiz «complimenti» gemacht.