Landwirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann ist zufrieden mit dem Ausgang der Abstimmung über das Tierseuchengesetz, trotz der tiefen Beteiligung. Die Schweiz erhalte nun Gesetzesgrundlagen, die den heutigen und künftigen Anforderungen entsprächen.
Die in der Abstimmungskampagne zur Sprache gekommenen Sorgen nehme er ernst, sagte Schneider-Ammann am Sonntag in Bern vor den Medien. „Für Impfungen gelten die genau gleichen Regeln wie heute.“ Sie würden wie bisher nach Absprachen mit Betroffenen und den Kantonen sowie gestützt auf wissenschaftliche Grundlagen vorgenommen.
Auch bedeuteten die Gesetzesänderungen keine Machtkonzentration beim Bund. „An der Zuständigkeit der Kantone ändert nichts.“ Mit dem revidierten Gesetz erhalte der Bund aber die gesetzliche Grundlagen, um zusammen mit den Kantonen Seuchengefahren frühzeitig zu erkennen und den Ausbruch von Tierseuchen zu verhindern.
Die Gegner des Tierseuchengesetzes sammeln zurzeit schon Unterschriften gegen das revidierte Epidemiengesetz, mit dem der Schutz der Menschen vor übertragbaren Krankheiten verbessert werden soll.
Schneider-Ammann mochte nicht darüber spekulieren, wie jene Abstimmung ausgehen könnte, sollte das Referendum zustande kommen. Die beiden Vorlagen dürften nicht miteinander verglichen werden, sagte er. Ein Schluss für die Zukunft könne aus der Abstimmung vom Wochenende nicht gezogen werden.
SVP: Augenmass und Rücksicht
Die SVP nimmt das Ja zum revidierten Tierseuchengesetz „zur Kenntnis“, wie die Partei am Sonntag mitteilte. Die Befürchtungen der Gegner müssten nun aber bei der Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen ernst genommen werden.sdf
Die SVP war nebst der EDU die einzige Partei, welche das Tierseuchengesetz zur Ablehnung empfohlen hatte. Nach dem Abstimmungsentscheid teilte die SVP mit, dass insbesondere die Befürchtungen in Bezug auf obligatorischen Impfungen und die Einschränkung der Eigenverantwortung beachtet werden müssten.
Die neuen Bundeskompetenzen gelte es mit Augenmass und Rücksicht auf den Föderalismus anzuwenden. Die SVP werde sich auch in Zukunft für die Beschränkung staatlicher Eingriffe in die Privatsphäre einsetzen. Freiheit und Eigenverantwortung seien das wichtigste Gut der Schweiz.
Panik-Vorwürfe des Referendumkomitees
Das Referendumskomitee ist enttäuscht über das deutliche Ja zum Tierseuchengesetz. Der federführende Heilpraktiker Daniel Trappitsch warf dem Bund vor, Panik verbreitet zu haben. Gegen Tierimpfungen will er sich weiterhin engagieren.
„Die Angstmacherei hat gewirkt“, sagte Trappitsch am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda. Neben dem Bundesamt für Veterinärwesen habe auch der Schweizerische Bauernverband der Bevölkerung Angst vor neuen Tierseuchen gemacht. Das habe zum Teil nichts mit den Fakten zu tun gehabt.
Mit dem Ja zum Tierseuchengesetz werde nun auch in Zukunft nicht auf die individuellen Bedürfnisse der Bauern eingegangen. Die Schweiz werde weiterhin ein „wirtschaftsgerechtes Tierseuchengesetz“ haben. Auch Zwangsmassnahmen wie obligatorische Impfungen blieben leider nach wie vor möglich.
Einen Sieg hielt das Referendumskomitee für möglich. Alles sei offen gewesen, sagte Trappitsch.
Stimme der Impfkritiker ist gewichtiger geworden
Trotz der Niederlage wollen der der Bündner Heilpraktiker und seine Mitstreiter weiterhin für ihre Anliegen eintreten. So werden sie beispielsweise vor neuen Zwangsimpfungen bessere Studien verlangen, wie Trappitsch sagte. Bei der verordneten Impfung gegen die Blauzungenkrankheit im Jahr 2008 seien die verwendeten Impfstoffen nämlich ungenügend untersucht gewesen.
Trappitsch ist überzeugt, dass dank der Abstimmungskampagne in den vergangenen Wochen die Stimme der Impfkritiker gewichtiger worden ist: „Die Öffentlichkeit ist heute wacher.“ Deshalb rechnet er sich auch durchaus Chancen aus, später das Referendum gegen das Epidemiengesetz zu gewinnen. Die Unterschriftensammlung laufe gut.
Bauernverband froh über Ja
Der Schweizerische Bauernverband ist froh über das deutliche Ja zum Tierseuchengesetz. Die Schweizer Bevölkerung habe sich nicht von den Argumenten der Gegner beirren lassen, sagte SBV-Direktor Jacques Bourgeois am Sonntag auf Anfrage der Nachrichtenagentur sda.
Bourgeois zeigte sich „angenehm überrascht“ vom vorläufigen Resultat. Der Freiburger FDP-Nationalrat hatte befürchtet, dass sich eine geringe Stimmbeteiligung negativ auf den Ausgang der Abstimmung auswirken könnte. Nun zeige sich aber, dass nicht nur Gegnerinnen und Gegner an die Urnen gegangen seien.