Schrille Töne in Griechenland vor Referendum über Sparpolitik

Das Referendum am Sonntag über die Sparpolitik spaltet Griechenland. Die Sorgen in der Bevölkerung sind gross: Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht – und die Töne werden schriller.

Wirft der EU «Terrorismus» gegenüber Griechenland vor: Der griechische Finanzminister Varoufakis (Bild: sda)

Das Referendum am Sonntag über die Sparpolitik spaltet Griechenland. Die Sorgen in der Bevölkerung sind gross: Ein Ende der Krise ist nicht in Sicht – und die Töne werden schriller.

An diesem Sonntag sollen die Griechen entscheiden, ob sie die Forderungen der Gläubiger akzeptieren oder ablehnen. Das Hilfspaket, zu dem diese Bedingungen gehören, ist zwar am 30. Juni ausgelaufen. Der Befragung kommt aber hohe politische Bedeutung zu: Sie wird zeigen, ob die Griechen zu weiteren Reformen bereit sind.

Vor der Volksabstimmung sorgten Spekulationen über eine Kürzung von Bankguthaben für Aufregung. Die Regierung und die Banken traten den Befürchtungen entgegen, dass es aufgrund der dramatischen Finanzkrise zu Einschnitten bei den Guthaben kommen könnte.

«Solche Pläne gibt es absolut nicht», sagte die Präsidentin des griechischen Bankenverbandes, Louka Katseli, dem TV-Sender Skai am Samstag. «Das Szenario einer Kürzung von Bankguthaben gehört in den Bereich der Fantasie.» Experten warnen jedoch, das den Banken bald das Geld ausgehen könnte.

Varoufakis spricht von Terrorismus

Der griechische Finanzminister Gianis Varoufakis unterstellte den Geldgeberinstitutionen in Brüssel indirekt, sie wollten seine Regierung stürzen.

«Wieso hat man uns dazu gezwungen, die Banken zu schliessen? Um den Menschen Angst einzuflössen. Wenn es darum geht, Angst zu verbreiten, dann nennt man das Terrorismus», sagte Varoufakis der Zeitung «El Mundo» vom Samstag. In Brüssel sei schon vor Monaten ein Plan ausgeheckt worden, «um eine Regierung fertigzumachen, die sich vom europäischen Establishment nicht erpressen lässt».

Varoufakis gab sich zuversichtlich: Unabhängig vom Ausgang des Referendums werde es am Montag eine Einigung geben. Auf ein Ja würde nach seinen Worten eine Einigung nach den Wünschen der Geldgeber folgen. «Hören Sie nicht auf diejenigen, die sagen, das Angebot sei vom Tisch – natürlich ist es noch da, denn das ist es ja, was sie wollen», sagte Varoufakis.

Dijsselbloem: Keine schnelle Einigung

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem hatte die Darstellung, es könne eine schnelle Einigung geben, bereits zurückgewiesen. Der deutsche Finanzminister Schäuble sagte der Zeitung «Bild» vom Samstag, der Vorschlag, über den abgestimmt werde, liege nicht mehr auf dem Tisch.

Die Regierung müsste einen neuen Hilfsantrag stellen, über den auf völlig neuer Grundlage verhandelt würde. «Das wird schon eine Weile dauern.» Schäuble schloss ein Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone nicht aus. «Ob mit Euro oder vorübergehend ohne: Diese Frage können nur die Griechen selbst beantworten», sagte er.

Der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier warnte, selbst wenn ein Grexit finanz- und währungspolitisch bewältigt werden könne, wäre das Signal ausserhalb der EU verheerend. Dem «Tagesspiegel am Sonntag» sagte er, China, Indien und die USA beobachteten genau, ob die Europäer die Krise meisterten oder an der Herausforderung scheiterten.

Griechen geteilt

Die elf Millionen Einwohner Griechenlands sind vor der Abstimmung Umfragen zufolge praktisch gleichmässig geteilt zwischen «Ja» und «Nein». Die «Ja»-Seite hat jedoch leicht dazugewonnen, da seit Montag die Banken weitgehend geschlossen und Abhebungen begrenzt worden sind.

Wie es nach dem Referendum weitergeht, ist offen. Im Fall eines Siegs für das «Ja»-Lager könnte die Regierung zurücktreten. Danach könnte ein Übergangskabinett bis zu Neuwahlen regieren.

Ob es im Fall einer Mehrheit für ein «Nein» neue Verhandlungen gibt, ist unklar. Während Tsipras in diesem Fall hofft, gestärkt zurück in die Verhandlungen mit den Geldgebern zu gehen, warnte EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, ein «Nein» werde die «griechische Position deutlich schwächen».

Nächster Artikel