Ein Mann hat in einem Thalys-Schnellzug auf dem Weg von Amsterdam nach Paris mit einer Schusswaffe das Feuer eröffnet und zwei Menschen schwer verletzt. Zwei Fahrgäste aus den USA hätten ihn überwältigt und so möglicherweise ein «furchtbares Drama» verhindert.
Das sagte Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve am Freitagabend. Er beschrieb den mutmasslichen Täter als extrem gewalttätig. Die Pariser Anti-Terror-Staatsanwaltschaft zog den Fall an sich. Der 26-jährige Täter war den Geheimdiensten bekannt. Belgiens Regierungschef Charles Michel sprach von einem «Terroranschlag».
Der Vorfall ereignete sich gegen 18.00 Uhr auf der Strecke von Amsterdam nach Paris, als sich der Thalys-Schnellzug auf belgischem Gebiet befand. Der Mann schoss nach Behördenangaben einen Passagier an, ein zweiter wurde mit einem Teppichmesser verletzt. Keiner der beiden schwebte in Lebensgefahr.
Der Bewaffnete wurde von zwei US-Soldaten überwältigt, die sich zufällig an Bord des Zuges befanden. Diese hatten nach ersten Angaben der Ermittler gehört, wie der Mann in der Zugtoilette seine Waffen lud. Als er aus der Kabine kam, stellten sie ihn. Der Zug mit mehr als 550 Passagieren an Bord wurde ins nordfranzösische Arras umgeleitet, wo die Polizei den Schützen festnahm.
Mehrere Schusswaffen entdeckt
An die 200 Thalys-Passagiere standen noch am Abend mit ihrem Gepäck am Bahnhof von Arras, ein grosses Aufgebot von Rettungskräften und Polizei war im Einsatz. Nach Angaben der französischen Bahn SNCF waren auch Psychologen zur Betreuung vor Ort.
Zum Motiv des Mannes gab es zunächst keine Angaben. In seinem Gepäck seien mehrere Schusswaffen entdeckt worden, verlautete aus Ermittlerkreisen. Die Terrorspezialisten der Pariser Staatsanwaltschaft übernahmen die Ermittlungen «angesichts der benutzten Waffe, der Umstände der Tat und des Kontextes», hiess es in einer Erklärung. Den Ermittlerkreisen zufolge handelte es sich bei der Waffe um eine Kalaschnikow.
Zu dem Mann lag demnach eine Geheimdienstakte vor, er soll marokkanischer Abstammung sein. Frankreichs Staatspräsident François Hollande schaltete sich ein und versprach, es werde alles getan, um Licht in «dieses Drama» zu bringen. Hollande telefonierte am Abend mit dem belgischen Regierungschef Michel. Beide Regierungen arbeiteten in der Sache eng zusammen, teilte der Elysée-Palast mit. Michel sprach von einem «terroristischen Angriff».
Dank für «Kaltblütigkeit»
Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve, der sofort nach Arras fuhr, sprach in einer Pressekonferenz vor Ort von «barbarischer Gewalt». Nach seinen Angaben handelte es sich bei einem der Verletzten um einen der US-Soldaten, die den Täter überwältigten. Er dankte den beiden für ihre «Kaltblütigkeit» und ihren Mut, die möglicherweise ein «schreckliches Drama» verhindert hätten.
«Alles wird getan, um Licht in dieses Drama zu bringen», versprach der französische Präsident François Hollande. Er vereinbarte mit Belgiens Premierminister Michel, bei der Aufklärung der Tat eng zusammenzuarbeiten.
Bei dem Vorfall wurde nach Angaben eines Augenzeugen auch der französische Schauspieler Jean-Hugues Anglade leicht verletzt. Der aus dem Kultfilm «Betty Blue» bekannte Akteur verletzte sich demnach, als er den Zugalarm auslösen wollte.
Auch wenn das Motiv des Täters vorerst im Dunkeln bleibt, dürfte der Vorfall die Beunruhigung in Frankreich nach mehreren islamistischen Attentaten in diesem Jahr erhöhen. Im Januar hatten drei Islamisten bei Anschlägen auf die Satirezeitung «Charlie Hebdo» und einen jüdischen Supermarkt in Paris 17 Menschen getötet. Im Juni enthauptete ein 35-Jähriger bei einem mutmasslich islamistischen Anschlag nahe Lyon seinen Chef und brachte in einer Industrieanlage Gasflaschen zur Explosion. Auch in diesem Fall soll es Verbindungen zur IS-Miliz in Syrien gegeben haben.