Ein letztes Mal vor der Europawahl sind am Dienstagabend die beiden Favoriten für das Amt des EU-Kommissionspräsidenten im TV aufeinandergetroffen. Themen waren unter anderem der Türkei-Beitritt zur EU und das Freihandelsabkommen mit den USA.
Der Spitzenkandidat der Sozialdemokraten in Europa, Martin Schulz, sieht in naher Zukunft keinen Platz für die Türkei in der EU. «Ich glaube, dass die Türkei zum jetzigen Zeitpunkt nicht beitrittsreif ist», sagte er in der ARD-«Wahlarena» in Hamburg.
Auch der Kandidat der Europäischen Volkspartei für das Amt des nächsten Kommissionspräsidenten, Jean-Claude Juncker, lehnt einen türkischen EU-Beitritt ab. «Wer Twitter verbietet, hat die Zukunft nicht verstanden.» Die Türkei müsse demokratischer werden, so Juncker.
Schulz betonte, bisher habe er sich zu einem EU-Beitritt der Türkei bekannt. Aber die Regierung von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan entwickele sich in «dramatischer Weise» weg von den europäischen Grundwerten.
Bis 2019 ist nach Meinung des früheren luxemburgischen Premierministers Juncker kein weiterer EU-Beitritt möglich. In den nächsten fünf Jahren werde kein weiteres Land der EU beitreten können, sagte er. Zuerst müsse sich die EU mit ihren 28 Mitgliedstaaten nach der Schuldenkrise festigen. «Weil wir zu uns selbst finden müssen», begründete er seine Skepsis.
Keine Wahl mit Stimmen von Rechtspopulisten
Rund 400 Millionen Bürger sind zwischen dem 22. und dem 25. Mai zur Wahl des Europaparlaments aufgerufen. Der Kommissionspräsident wird danach erstmals gemäss dem Vertrag von Lissabon gewählt.
Demnach muss der Europäische Rat, in dem die Staats- und Regierungschefs vereint sind, das Ergebnis der Europawahl berücksichtigen – was das genau heisst, ist unklar. Juncker und Schulz pochen darauf, dass sie die Kommission führen, wenn sie eine Mehrheit im Parlament finden.
Wenige Unterschiede
Insgesamt gab es wenig Unterschiede zwischen den beiden Kandidaten. Beide bekannten sich zu strengen Regeln und zu Transparenz beim geplanten transatlantischen Freihandelsabkommen mit den USA. «Man verhandelt nicht über Datenschutz», betonte Juncker zudem mit Blick auf die Debatten um Ausspähaktivitäten und die Macht von Konzernen wie Google. Die USA müssten europäische Standards akzeptieren.
Schulz lehnte spezielle Schiedsgerichte, bei denen US-Firmen Sonderrechte einklagen können, kategorisch ab. «Sondergerichte wird es mit mir nicht geben.»
Einig waren sich beide auch, dass das Mittelmeer nicht zum Friedhof für Flüchtlinge aus Afrika werden dürfe. Es sei ein schlimmer Zustand, dass viele Mitgliedsstaaten ihre Entwicklungshilfe zurückfahren würden, so Juncker. «Wir sollten die Entwicklungshilfe steigern, damit die Menschen nicht in Todesboote steigen müssen.»