Die SPD hat einen neuen Hoffnungsträger, aber was will er? Bisher hat sich Martin Schulz fast nur mit Europapolitik einen Namen gemacht. In seiner ersten Rede als Kanzlerkandidat und Herausforderer von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) setzt er erste Schwerpunkte.
Mit einem Wahlkampf für soziale Gerechtigkeit und einer klaren Haltung gegen Rechtspopulisten will Martin Schulz das Kanzleramt für die SPD erobern. Die SPD trete mit dem Anspruch an, die stärkste politische Kraft zu werden, sagte Schulz vor rund tausend Zuhörern im Willy-Brandt-Haus, dem Sitz der SPD in Berlin.
«Und ich trete mit dem Anspruch an, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu werden.» Seine rund einstündige Rede wurde immer wieder von lautem Applaus unterbrochen. «Es geht ein Ruck durch das ganze Land. Wir wollen und werden diese Aufbruchstimmung nutzen», sagte Schulz . Er wolle die «hart arbeitenden Menschen» in den Mittelpunkt der Politik zu stellen.
Schulz hob hervor, dass die SPD in der Koalition mit der Union «wichtige Zukunftsprojekte» angeschoben habe. Nun sei es aber an der Zeit für einen Wechsel. Ohne Kanzlerin Merkel direkt zu erwähnen, erklärte er, dass «in diesen Zeiten das taktische Auf-Sicht-Fahren, dieses Rumlavieren» zu wenig sei.
Den anderen Parteien bot Schulz für den Wahlkampf ein Fairnessabkommen gegen Falschmeldungen, Verleumdungen und Hetze in sozialen Netzwerken an. «Im besten Fall kann der Wahlkampf auch zu einer Sternstunde der Demokratie werden», sagte er.
Der Parteivorstand hatte Schulz kurz zuvor einstimmig als Spitzenkandidat und neuen Vorsitzenden nominiert. Die Nachfolge von Sigmar Gabriel als SPD-Chef soll der bisherige Europa-Politiker auf einem Parteitag Mitte März antreten.
«Schande» für Deutschland
Ihr Wahlprogramm mit konkreten Massnahmen will die SPD erst im Mai beschliessen. Doch der bundespolitisch bislang unerfahrene Schulz machte in seiner Rede erste politische Schwerpunkte deutlich.
Die AfD sei «keine Alternative für Deutschland, sondern eine Schande für die Bundesrepublik», sagte der ehemalige EU-Parlamentspräsident. «Wer die freie Presse attackiert, und beispielsweise von Lügenpresse spricht, der will ein anderes Land.»
In der Flüchtlingspolitik verwies Schulz auf die Verantwortung Europas: Die EU müsse ihre Aussengrenzen wirksam schützen und die Verteilung von Flüchtlingen fair regeln. Es komme auf die Bekämpfung der Fluchtursachen in Syrien und Afrika an, hier sei auch die deutsche Aussenpolitik gefragt.
Gegen Terroristen will Schulz entschlossen vorgehen. «Diese Mörder müssen wir mit harter Hand bekämpfen», sagte er, ohne weiter ins Detail zu gehen. Auch im Kampf gegen Kriminalität forderte der frühere Bürgermeister der Stadt Würselen hartes Durchgreifen, aber mit «Augenmass».
Die SPD müsse auch Anwalt der Menschen sein, die sich fürchten, sagte Schulz. Er habe für das Gefühl der Verunsicherung Verständnis.
Bildung stärken
Steuergerechtigkeit und der Kampf gegen Steuerflucht sollen Schulz zufolge eine «zentrales Thema» vor der Bundestagswahl am 24. September werden. Beim Thema Bildung solle kein Kind zurückgelassen werden: «Bildung muss gebührenfrei werden von der Kita bis zum Studium», sagte Schulz.
Dazu gehörten auch öffentliche Investitionen in die Musik, in Bibliotheken und Theater. Es gehe nicht gerecht zu, wenn in Schulen der Putz von den Wänden bröckele, aber Milliarden Euro für die Rettung von Banken bereitgestellt würden.