Die Landtagswahl im zentraldeutschen Bundesland Hessen hat eine Rückkehr zu «hessischen Verhältnissen» gebracht. Die christdemokratische CDU ging als Siegerin hervor, die künftige Regierungsbildung ist aber völlig offen.
Nach ersten Hochrechnungen blieb die CDU zwar stärkste Kraft, verlor aber ihren Koalitionspartner FDP, der offenbar knapp an der Fünf-Prozent-Hürde scheiterte. Auch Rot-Grün kam nicht auf eine eigene Mehrheit, da die Linke den Wiedereinzug in den Landtag schaffte.
Neben einer grossen Koalition sind den Hochrechnungen zufolge auch «Rot-Rot-Grün» und «Schwarz-Grün» möglich. Nach den Hochrechnungen für die ARD und das ZDF verbesserten sich die Christdemokraten von Ministerpräsident Volker Bouffier auf 39,3 bis 39,4 Prozent.
Bouffier kündigte vor Parteianhängern an, die CDU wolle «auch in Zukunft dieses Land politisch führen». Mit Blick auf die schwierige Regierungsbildung 2008 sagte Bouffier, das Land könne sich keine «hessischen Verhältnisse» leisten und brauche eine «starke Regierung».
SPD will regieren
Die SPD mit ihrem Spitzenkandidaten Thorsten Schäfer-Gümbel legte auf 30,3 bis 31,1 Prozent zu. Schäfer-Gümbel zeigte sich vor SPD-Anhängern «unglaublich stolz» auf das Ergebnis und die Unterstützung, die seine Partei erfahren habe. «Es ist ein richtig geiler Abend, weil wir wieder da sind.»
Zugleich meldete er Anspruch der SPD an einer Beteiligung an der künftigen Regierung an. «Wir wollen auch gestalten und nicht zuschauen». Schäfer-Gümbel hatte vor der Wahl keine Koalition völlig ausgeschlossen, zugleich aber betont, dass er für ein Bündnis mit Union oder Linkspartei keine Basis sehe.
Die FDP scheiterte laut Hochrechnungen knapp mit 4,8 bis 4,9 Prozent an der Fünf-Prozent-Hürde. Hessens Wirtschaftsminister Florian Rentsch (FDP) räumte im Hessischen Rundfunk (hr) ein, die Liberalen müssten bei sich schauen, «warum wir die Leute nicht erreicht haben». Der hessische FDP-Chef und Landesjustizminister Jörg-Uwe Hahn sagte, der Abend sei für die FDP «ein sehr bitterer».
Die Linke schaffte mit 5,5 beziehungsweise 5,8 Prozent erneut den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde, die euro-kritische Alternative für Deutschland (AfD) kam aus dem Stand zwar auf 4,1 beziehungsweise 4,2 Prozent, was aber nicht zum Einzug in das Landesparlament reichte.
Im neuen Landtag ist die CDU den Hochrechnungen zufolge mit 50 beziehungsweise 51 Abgeordneten vertreten. Die SPD stellt demnach 39 beziehungsweise 40 Abgeordnete, die Grünen kommen auf 13 Mandate und die Linke auf sieben.
Ypsilanti abgeschossen
Der Begriff der «hessischen Verhältnisse» stammt aus den Wochen nach der Landtagswahl 2008. Damals hatte die bis dahin allein regierende CDU die absolute Mehrheit verloren. Die damalige SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti scheiterte aber am Widerstand in den eigenen Reihen zwei Mal mit dem Versuch, eine von den Linken tolerierte rot-grüne Minderheitsregierung zu bilden.
Bei der Landtagswahl 2009 hatte die CDU 37,2 Prozent der Stimmen erhalten. Die SPD kam auf 23,7 Prozent, die Grünen erreichten 13,7 Prozent und auf die FDP entfielen damals 16,2 Prozent.