Schwarze Kasse und Stimmenkauf bei Vergabe der WM 2006

Für den Zuschlag der WM 2006 in Deutschland sollen gemäss «Spiegel» Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen und vier Stimmen aus dem FIFA-Exekutivkomitee gekauft worden sein.

Der DFB klärt eine 6,7-Millionen-Zahlung an die FIFA nochmals ab. (Bild: SI)

Für den Zuschlag der WM 2006 in Deutschland sollen gemäss «Spiegel» Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen und vier Stimmen aus dem FIFA-Exekutivkomitee gekauft worden sein.

Neun Jahre nach dem Sommermärchen anlässlich der Weltmeisterschaft in Deutschland droht dem deutschen Fussball ein gewaltiger Skandal. Für den Zuschlag der WM 2006 soll nach einem unbestätigten Bericht des «Spiegels» Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen sein. Wie das Nachrichtenmagazin online am Freitag ohne Nennung von Quellen berichtete, sollen vier entscheidende Stimmen aus dem FIFA-Exekutivkomitee gekauft worden sein. Präsident des WM-Organisationskomitees war damals Franz Beckenbauer, der heutige DFB-Präsident Wolfgang Niersbach fungierte als einer der Stellvertreter.

Der Deutsche Fussball-Bund hatte am Freitag zuerst in einer Pressemitteilung Ungereimtheiten rund um eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband eingeräumt. Den Bericht zu einer schwarzen Kasse und mutmasslich gekauften Stimmen wies der DFB allerdings entschieden zurück. Die Schlussfolgerungen des Nachrichtenmagazins seien durch keinerlei Fakten belegt, hiess es in einer weiteren Mitteilung des Verbands am Freitagabend. Der Verband behalte sich rechtliche Schritte gegen den «Spiegel» vor. Die FIFA sprach von «sehr schweren Beschuldigungen» und leitete den Fall an die Audit- und Compliance-Kommission weiter.

Nach «Spiegel»-Informationen soll der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus dem Bewerbungskomitee 13 Millionen Mark als Privatmann geliehen haben. Das Geld ist dem Bericht zufolge eingesetzt worden, um die vier Stimmen der asiatischen Vertreter im FIFA-Exko für sich zu gewinnen. Zusammen mit den europäischen Vertretern war Deutschland bei der entscheidenden Abstimmung auf 12 Stimmen gekommen. Auf Mitkonkurrent Südafrika entfielen damals 11 Stimmen. Der Neuseeländer Charles Dempsey hatte sich enthalten.

Der 2009 verstorbene Louis-Dreyfus soll laut «Spiegel» das Geld eineinhalb Jahre vor der WM zurückgefordert haben. Im April seien daraufhin 6,7 Millionen Euro vom Organisationskomitee an die FIFA gezahlt worden – angeblich für ein Kulturprogramm. Von dort sei es weiter an Louis-Dreyfus gegangen. Eine Zahlung, die der DFB einräumte und «die möglicherweise nicht dem angegebenen Zweck entsprechend verwendet wurde», wie der DFB mitteilte.

Niersbach selbst hatte als amtierender DFB-Präsident interne Untersuchungen über Zahlungen eines Komitees in Auftrag gegeben, dem er seinerzeit als geschäftsführender Vizepräsident und Medienchef angehörte. Nach Andeutungen von FIFA-Präsident Sepp Blatter, dass bei der Wahl nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei, hatte Niersbach 2012 bei Sky Sport News von «komischen Nebelkerzen» gesprochen und sagte: «Wir haben da sauber gearbeitet».

Von den drei noch lebenden asiatischen Funktionäre verweigerten zwei Vertreter auf «Spiegel»-Anfrage auf eine Stellungnahme. Der Südkoreaner Chung Mong-Joon sagte, die Fragen seien es nicht wert, beantwortet zu werden. Chung wurde jüngst von der FIFA-Ethikkommission für sechs Jahre gesperrt. Chung werden Verstösse im Zusammenhang mit Südkoreas gescheiterter Bewerbung für die WM 2022 vorgeworfen.

Beckenbauers langjähriger Vertrauter Niersbach war dieser Tage von verschiedenen Seiten als möglicher Platini-Nachfolger und sogar als künftiger FIFA-Präsident ins Gespräch gebracht worden. Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hat derweil den kompletten Rücktritt des Exekutivkomitees der FIFA gefordert. Der skandalumwitterte Weltverband befinde sich «in der Hand der Staatsanwaltschaften und in der Hand des FBI», sagte Zwanziger dem «Spiegel» und betonte: «Die verbliebenen, nicht suspendierten Mitglieder des Exekutivkomitees müssen geschlossen zurücktreten.» Dazu zählt auch Zwanzigers Nachfolger als DFB-Chef und Exekutivmitglied Niersbach.

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