Die Schweiz gibt erstmals blockierte Vermögenswerte an Tunesien frei. Das hat die Bundesanwaltschaft (BA) entschieden. Es handelt sich um Gelder in Höhe von 40 Millionen Dollar.
„Die Begründung ist darin zu sehen, dass wir in der letzten Zeit eine gute Rechtshilfezusammenarbeit mit den Tunesiern gehabt haben“, sagte Bundesanwalt Michel Lauber am Freitag gegenüber Radio SRF. Die tunesischen Behörden hätten genügend Beweise erbringen können, um die vorzeitige Rückerstattung von 40 Millionen Dollar aus dem Umfeld des Ben-Ali-Clans zu ermöglichen.
Nach Angaben von Lauber ist der Entscheid noch nicht definitiv. Gegen die Freigabe der Gelder kann beim Bundesstrafgericht Rekurs eingereicht werden.
Der Bundesrat hatte Anfang 2011 nach dem Sturz des tunesischen Machthabers Zine al-Abedine Ben Ali umgerechnet 60 Millionen Franken auf Schweizer Konten blockiert. Der tunesische Staat gelangte mit einem Rechtshilfeersuchen an die Schweiz, um an die gesperrten Gelder des Ben-Ali-Clans zu gelangen.
Die Bundesanwaltschaft hofft, auch die verbleibenden Vermögenswerte bald freigeben zu können. „Es gibt noch andere Millionenbeträge, die in der Schweiz blockiert sind. Wir versuchen dort auch, das entsprechend vorwärts zu treiben“, sagte Lauber. Der Zeitpunkt für eine Freigabe sei aber noch offen.
Bis zu 50 Milliarden Dollar abgezweigt
Ben Ali und sein Umfeld haben sich nach Angaben der Weltbank zu Regierungszeiten mehr als einen Fünftel der Gewinne der Privatwirtschaft in die eigene Tasche gesteckt.
Die frühere tunesische Führung nutzte Marktregeln für Firmen und Investitionen zu ihren Gunsten aus, wie aus einem Ende März veröffentlichten Bericht der Finanzinstitution hervorgeht. Über ein Netzwerk an Unternehmen, das direkt unter Ben Alis Kontrolle stand, hat der Clan demnach in den 23 Jahren seiner Macht bis zu 50 Milliarden Dollar abgezweigt.
Gemäss der Weltbank wurden 21 Prozent der Profite des Privatsektors veruntreut. Der Bericht listet 220 Firmen auf, die unter der Kontrolle des früheren Präsidenten und seiner Familie standen, darunter aus der Telekommunikation, der Bauindustrie, der Auto- und der Nahrungsmittelbranche.