Die Schweiz soll sich weiterhin am Schutz der europäischen Aussengrenze beteiligen. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Vernehmlassung zur Übernahme und Umsetzung einer EU-Verordnung eröffnet, mit welcher der Grenzschutz verstärkt werden soll.
Der Grenzschutzagentur Frontex wird neu eine rasch einsetzbare Reserve von 1500 Grenzwachtexperten zur Verfügung gestellt. Wie die anderen Schengen-Staaten muss sich auch die Schweiz daran beteiligen. Sie hat sich dazu verpflichtet, 16 Grenzschutzexperten bereitzustellen.
Das entspricht 0,8 Prozent des Bestandes des Grenzwachtkorps, wie der Bundesrat im Vernehmlassungsbericht schreibt. Deutschland stellt 225 Grenzwächter, Frankreich 170.
Die 16 Schweizer Grenzwächter würden voraussichtlich nicht gleichzeitig und laufend im Einsatz stehen, schreibt der Bundesrat. Vielmehr sei eine Art Pikettsystem einzurichten für einen Soforteinsatz an den Aussengrenzen.
Auf Beschluss des Rates
Bisher erfolgten Frontex-Einsätze nur auf Ersuchen der Schengen-Staaten. Neu erhält der Rat der Europäischen Union nun die Kompetenz, auf Antrag der Kommission einen Schengen-Staat zur Zusammenarbeit mit der Agentur aufzufordern.
Wenn der betreffende Staat dem Beschluss des EU-Rats nicht Folge leistet, kann der Rat anderen Schengen-Staaten die Wiedereinführung von Grenzkontrollen an den Binnengrenzen empfehlen. Frontex darf weiterhin nicht ohne Zustimmung eines Schengen-Staats auf dessen Gebiet intervenieren.
Rund 13 Millionen Euro
Der finanzielle Beitrag der Schweiz an den Schutz der EU-Aussengrenzen wird wie bisher nach dem Verhältnis des nationalen Bruttoinlandprodukts zu jenem aller Teilnehmerländer berechnet. Da das Budget und das Personal von Frontex erhöht werden sollen, wird der Beitrag aber steigen.
Im Jahr 2015 zahlte die Schweiz 4,6 Millionen Euro, im laufenden Jahr sind es 9,9 Millionen. Für das Jahr 2017 rechnet der Bundesrat mit 12,4 Millionen. Für 2018 liegt die Schätzung bei 13,1 Millionen, für 2019 bei 13,7 und für 2020 bei 14,2 Millionen Franken.
Neue Kompetenzen bei Rückkehr
Der Bundesrat rechnet jedoch gleichzeitig mit Minderausgaben für die Rückführung von Migranten, da die Grenzschutzagentur Frontex in diesem Bereich künftig mehr Verantwortung trägt. Sie hat unter anderem die Aufgabe, die Schengen-Staaten durch die Finanzierung von Sammelflügen oder die Organisation von Rückführungsaktionen zu unterstützen.
Frontex soll auch europäische Rückkehrpools zur Unterstützung von Schengen-Staaten mit Schwierigkeiten beim Vollzug bilden können. Vorgesehen sind Teams aus Sachverständigen für die Identifikation der Personen und die Beschaffung von Reisedokumenten sowie Begleitpersonen.
Druck auf die Aussengrenzen
Im vergangenen Jahr haben gemäss Schätzungen 1,5 Millionen Menschen illegal die Grenzen der EU überschritten. Damit sei die EU an den Aussengrenzen einem aussergewöhnlichen Migrationsdruck ausgesetzt gewesen, schreibt der Bundesrat im Bericht.
Mehrere Schengen-Staaten hätten sich veranlasst gesehen, an den Binnengrenzen wieder Grenzkontrollen einzuführen. Das stelle das Funktionieren und den Zusammenhalt des Schengen-Raums auf eine harte Probe. Der Schengen-Raum ohne Binnengrenzen könne nur dann aufrechterhalten werden, wenn die Aussengrenzen wirksamer gesichert und geschützt würden.
Weiterentwicklung von Schengen
Die Europäische Kommission legte vergangenen Dezember ein umfassendes Massnahmenpaket für einen besseren Schutz vor. Die definitive Verordnung wurde im September verabschiedet. Sie stellt eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands dar.
Die Schweiz ist grundsätzlich verpflichtet, solche Weiterentwicklungen zu übernehmen. Tut sie das nicht, könnte das im äussersten Fall zu einer Beendigung der Zusammenarbeit von Schengen und Dublin führen. Die Schweiz ist seit 2011 durch das Grenzwachtkorps an Frontex und ihren Operationen beteiligt und im Frontex-Verwaltungsrat vertreten.