Einige Schweizer Spieler hatten sich ihre albanischen «Brüder» nicht als Gegner gewünscht. Nun ist Albanien ar Gegner am 11. Juni. Die weiteren Schweizer Gegner sind Rumänien und Gastgeber Frankreich.
Ob es nun eine gute Gruppe ist oder nicht, weiss man immer erst im Nachhinein. Und weil das Teilnehmerfeld an einer EM ausgeglichen ist, hatten die Schweizer im Vorfeld der Auslosung in Paris kaum Wünsche geäussert. Ausser vielleicht diesen beiden: Nicht in die gleichen Gruppe eingeteilt werden wie Albanien, gegen das die albanisch-stämmigen Spieler im Schweizer Team so ungern antreten. Und: Im Spielplan nicht auf Position A4 gesetzt werden, weil dieses Team als einziges aus den Töpfen 2 bis 4 alle drei Gruppenspiele in Norden von Frankreich austrägt – weit weg vom Schweizer Teamcamp in südlichen Montpellier.
Und dann geschah im Palais des Congrès genau dies. David Trezeguet, der französische EM-Siegestorschütze von 2000, zog die Schweiz als erstes Team aus Topf 2 und damit in die Gruppe von Gastgeber Frankreich, Rumänien und eben Albanien. Und weil nur noch die Position A4 unbesetzt war, tritt die Schweiz nun der Reihe nach in Lens (Albanien), Paris (Rumänien) und Lille (Frankreich) an.
Die Schweizer mögen nun klagen, dass ihre wenigen Wünsche unerhört blieben, doch mit Blick auf die sportlichen Perspektiven ist die Auslosung für sie durchaus gut gelaufen. Die Albaner sind für die Schweiz zwar ein womöglich heiklerer Gegner als sie es für andere Mannschaften sind. Aber es ist trotz allem auch das Team mit dem tiefsten FIFA-Ranking aller 24 EM-Teilnehmer (Platz 38) und zudem ein Neuling an grossen Turnieren mit vielen Spielern mit wenig internationaler Erfahrung.
Rumänien ist aus dem Topf 3 nicht die stärkste Mannschaft, weil in diesem Topf auch Teams wie die aufstrebenden Polen oder Zlatan Ibrahimovics Schweden waren. Und gegen Frankreich hat die Schweiz gegenüber den Gruppengegnern Rumänien und Albanien zumindest den Vorteil, dass sie zum Abschluss in Lille (Sonntag, 19. Juni, 21.00 Uhr) auf die Gastgeber trifft, die dannzumal womöglich bereits für die Achtelfinals qualifiziert sind. In dieser Gruppe müsste die erste Hürde zu nehmen sein, weil sich nicht nur die Gruppensieger und -Zweiten für die Achtelfinals qualifizieren sondern auch die vier besten Gruppendritten.
Das alles ist Lesen im Kaffeesatz. Ab sofort gilt die Konzentration dem Startspiel im Stade Bollaert-Delelis von Lens, das schon an der WM 1998 Spielort war und dort traurige Bekanntheit erlangte, weil deutsche Hooligans einen Polizisten zum Schwerbehinderten prügelten. Am Samstag, 11. Juni, um 15.00 Uhr kommt es dort zum «Bruderduell» gegen Albanien, das Granit Xhaka, Valon Behrami, Pajtim Kasami oder Xherdan Shaqiri so gerne vermieden hätten. Der Begriff Bruderduell ist dabei wörtlich zu nehmen. Granit trifft auf seinen älteren Bruder Taulant, der wie acht andere Spieler aus der Super League mit Albanien die EM-Qualifikation bestritten hat. Noch nie hatten an einer EM-Endrunde zwei Brüder gegeneinander gespielt.
Albanien dürfte am 11. Juni mehr Spieler aus der Super League auf dem Platz haben als die Schweiz. Das Duell birgt Brisanz. Doch die Schweizer können ihre Emotionen kontrollieren. Das haben sie in der WM-Qualifikation 2014 unter Ottmar Hitzfeld bewiesen, als sie beide Spiele gegen die «Kuq e zintje» («Rot-Schwarzen») gewannen und in Tirana sogar den letzten Schritt an die Endrunde in Brasilien taten.
Wie Albanien ist auch Frankreich, der letzte Gruppengegner, den Schweizern ziemlich gut bekannt. Schon an der letzten WM 2014 traf die SFV-Auswahl auf die «Equipe tricolore» – und verlor 2:5. Überhaupt haben die Schweiz und Frankreich in den letzten zwölf Jahren fünf Pflichtspiele gegeneinander bestritten. Gesiegt hat die Schweiz nie, aber sie hat immerhin auch nur zweimal verloren. Das Team von Didier Deschamps hat sich seit der WM in Brasilien kaum verändert. Das Gerüst bilden weiterhin Torhüter Hugo Lloris, die Abwehrspieler Bacary Sagna, Raphaël Varane und Patrice Evra, die Mittelfeldspieler Yohan Cabaye, Blaise Matuidi und Paul Pogba sowie die Offensiven Olivier Giroud, André-Pierre Gignac, Antoine Griezmann und Mathieu Valbuena. Offen bleibt die Personalie Karim Benzema, der vorläufig aus dem Nationalteam ausgeschlossen ist.
So gut die Schweizer ihre Gegner aus Albanien und Frankreich kennen, so wenig wissen sie derzeit noch über Rumänien, auf das sie im zweiten Spiel in Paris treffen (Mittwoch, 15. Juni, 18.00 Uhr) treffen. Die Osteuropäer sind erstmals seit 2008 wieder an einem Turnier dabei. Allerdings fehlen bekannte Namen. Internationale Superstars wie früher Gheorghe Hagi, Ioan Lupescu oder Florin Raducioiu hat der rumänische Fussball derzeit nicht zu bieten.
Der Torhüter Ciprian Tatarusanu (Fiorentina) und der Abwehrchef Vlad Chiriches (Napoli) stehen zwar bei Serie-A-Topklubs unter Vertrag. Die erfolgreichsten Stürmer in der Qualifikation aber, Constantin Budescu und Bogdan Stancu, spielen bei Astra Giurgiu beziehungsweise Gençlerbirligi. Trainer Anghel Iordanescu ist erneut und zum schon dritten Mal Trainer der Rumänen. Er hatte auch 1994 an der WM in den USA auf der Bank gesessen, als seine Mannschaft gegen eine entfesselte Schweiz 1:4 verlor.
Für die Achtelfinals qualifizieren sich der Gruppensieger und -Zweite sowie die vier besten Gruppendritten.
Gruppe A: Frankreich, Rumänien, Albanien, SCHWEIZ.
Gruppe B: England, Russland, Wales, Slowakei.
Gruppe C: Deutschland, Ukraine, Polen, Nordirland.
Gruppe D: Spanien, Tschechien, Türkei, Kroatien.
Gruppe E: Belgien, Italien, Irland, Schweden.
Gruppe F: Portugal, Island, Österreich, Ungarn.