Schweiz und EU wollen ab 2018 Steuerdaten austauschen

Der Bundesrat will mit der EU den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen einführen. Ein entsprechendes Abkommen ist am Mittwoch in Brüssel unterzeichnet worden.

Der Schweizer Staatssekretär Jacques de Watteville, der lettische Finanzminister Jnis Reirs und Steuerkommissar Pierre Moscovici bei der Unterzeichnung in Brüssel (v.l.n.r.) (Bild: sda)

Der Bundesrat will mit der EU den automatischen Informationsaustausch in Steuersachen einführen. Ein entsprechendes Abkommen ist am Mittwoch in Brüssel unterzeichnet worden.

Ab 2018 sollen zwischen der Schweiz und den 28 EU-Staaten Steuerdaten ausgetauscht werden. «Es ist ein historischer Moment – sowohl politisch wie auch symbolisch», sagte EU-Steuerkommissar Pierre Moscovici anlässlich der Unterzeichnung in Brüssel. Der automatische Informationsaustausch (AIA) solle zum Standard auf dem ganzen europäischen Kontinent werden.

Für die EU hatte der lettische Finanzminister Jānis Reirs das Abkommen unterzeichnet, die Schweiz wurde von Staatssekretär Jacques de Watteville vertreten. «Das Abkommen legt die Basis für mehr Transparenz.», sagte er. Und es sorge für «gleich lange Spiesse im Steuerwettbewerb».

Der Bundesrat hatte sich 2013 grundsätzlich zum automatischen Informationsaustausch und im Mai 2014 zum Standard der Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD) bekannt. Der globale Standard wurde ohne Abweichung in das Abkommen mit der EU übernommen. Ebenfalls enthalten ist der Informationsaustausch auf Ersuchen gemäss geltendem OECD-Standard.

Formell handelt es sich beim unterzeichneten Abkommen um ein Änderungsprotokoll, welches das geltende Zinsbesteuerungsabkommen mit der EU ersetzt. Die Quellensteuerbefreiung von grenzüberschreitenden Zahlungen von Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren zwischen verbundenen Unternehmen wird jedoch übernommen.

Geplant ist, dass das Abkommen Anfang 2017 in Kraft tritt. Das schrieb der Bundesrat im Bericht zur Vernehmlassung, die er noch am Tag der Unterzeichnung eröffnet hat.

Keine Verknüpfung mit Marktzutritt

Darin erklärt er auch, dass eine Verknüpfung mit der Frage des Marktzutritts für Schweizer Finanzintermediäre nicht möglich gewesen sei. Die Verhandlungspartner auf EU-Ebene und auch die einzelnen Mitgliedsländer hätten «durchwegs verhalten bis negativ» auf eine formelle Verbindung der beiden Dossiers reagiert.

Mit der EU-Kommission seien Mitte März erste exploratorische Gespräche über ein sektorielles Finanzdienstleistungsabkommen geführt worden. Der Abschluss eines solchen Vertrags ist allerdings ausser Reichweite, solange die Probleme bei der Personenfreizügigkeit und die institutionellen Fragen nicht gelöst sind.

Dank laufender Gesetzgebungsarbeiten kann die Schweiz auf die baldige Anerkennung der Gleichwertigkeit ihrer Regulierung hoffen. Die Vergangenheitsregularisierung mit den Nachbarstaaten der Schweiz und den wichtigsten EU-Mitgliedstaaten bezeichnet der Bundesrat in dem Bericht «insgesamt als gelöst».

Schritte hin zum sauberen Finanzplatz

Die Vernehmlassung zum Abkommen läuft bis zum 17. September. Damit der automatische Informationsaustausch mit der EU tatsächlich zu Stande kommt, muss dieses vom Parlament abgesegnet werden. Darüber hinaus müssen die rechtlichen Grundlagen in der Schweiz angepasst werden. Der Bundesrat hat Anfang Jahr eine Vernehmlassung dazu durchgeführt.

Er schlug erstens vor, einen sogenannten spontanen Informationsaustausch einzuführen. Konkret müssten Steuerbehörden künftig von sich aus aktiv werden, wenn sie auf Informationen stossen, die einen anderen Staat interessieren dürften.

Zweitens soll mit bestimmten Staaten zusätzlich der AIA eingeführt werden. Schweizer Banken müssten Finanzdaten von natürlichen und juristischen Personen, die in einem anderen Staat steuerpflichtig sind, den Schweizer Behörden melden. Diese würden die Informationen an die ausländischen Behörden weiterleiten.

Zwei Modelle zur Umsetzung

Umgesetzt werden kann der automatische Informationsaustausch auf zwei Arten, wobei es in beiden Fällen ein Schweizer AIA-Gesetz braucht. Das erste Modell sieht vor, dass die Schweiz mit den einzelnen Partnerstaaten – oder wie im aktuellen Fall mit der EU – Staatsverträge abschliesst.

Das zweite Modell basiert auf dem Amtshilfeübereinkommen von OECD und Europarat und der Vereinbarung «Multilateral Competent Authority Agreement» (MCAA) zur einheitlichen Umsetzung des AIA. Ein Staatsvertrag ist nicht nötig, zwei Staaten können den Austausch durch eine Mitteilung aktivieren.

Beim ersten Modell muss das Parlament neben dem AIA-Gesetz den jeweiligen Staatsvertrag gutheissen, beim zweiten der Teilnahme der Schweiz am MCAA zustimmen. In der Vernehmlassung haben sich die Parteien mit Ausnahme der SVP grundsätzlich positiv geäussert. Die Botschaft zuhanden des Parlaments will der Bundesrat in den nächsten Wochen verabschieden.

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