Die Schweiz wird Griechenland bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise weiterhin gezielt unterstützen. Um sich ein Bild von der Lage zu machen, hat sich Bundesrätin Simonetta Sommaruga in dem Mittelmeerland zwei Tage lang umgesehen und mit Verantwortlichen gesprochen.
Sommaruga besuchte am Montag Aufnahmezentren für Asylsuchende auf Lesbos und traf sich am Dienstag in Athen mit Vertretern der Regierung, der UNO und von nichtstaatlichen Organisationen.
Kein Land könne eine solche Krise allein stemmen, sagte die Vorsteherin des Eidg. Justiz- und Polizeidepartements (EJPD) nach Abschluss ihres zweitägigen Arbeitsbesuches in Griechenland gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Im vergangenen Jahr kamen rund 175’000 Menschen per Boot in Griechenland an, hauptsächlich auf den nur wenige Kilometer vor der türkischen Küste liegenden Ägäis-Inseln, darunter Lesbos.
Die Europäische Union hat die so genannten Hotspots an den Aussengrenzen des Schengen-Raumes eingerichtet, um die ankommenden Flüchtlinge und Migranten zu identifizieren und zu registrieren. Mit dem Inkrafttreten des Flüchtlingspaktes zwischen der EU und der Türkei im März 2016 hat sich die Funktion dieser Hotspots geändert: Nun müssen Ankommende nach ihrer Registrierung in die Türkei zurück.
Die Registrierungszentren in den Hotspots sind wegen der langsamen und zahlenmässig stark angewachsenen Verfahren überlastet, und die Aufnahmekapazitäten sind ausgeschöpft.
Im Herbst 2015 hatten sich die EU-Mitgliedsländer darauf geeinigt, 160’000 Flüchtlinge aus Italien und Griechenland bis Ende 2017 auf andere EU-Staaten umzuverteilen. Die Schweiz nimmt freiwillig an diesem Relocation-Programm teil und hat sich verpflichtet, bis zum Ende dieses Jahres 1500 Personen aufzunehmen. Nach Angaben des EJPD hat sie bisher 317 Menschen aus Griechenland und 605 aus Italien übernommen.
Nicht existierendes Asylwesen aufgebaut
Seit ihrem letzten Besuch vor vier Jahren sei viel geschehen – ein griechisches Asylwesen habe überhaupt erst aufgebaut werden müssen, sagte Sommaruga. In der Zwischenzeit hätten Organisationen Aufgaben übernommen, die normalerweise der Staat erfüllt. Und nun sei man an einem Punkt, wo sich innovative Konzepte entfalteten wie die Eingliederung unbegleiteter junger Migranten in griechische Familien.
Während sich die Europäische Union als wichtigster Geldgeber Griechenlands in der Flüchtlingskrise direkt an die Regierung in Athen wendet, engagiert sich die Schweiz gezielt bei einzelnen Projekten wie dem medizinischen Zentrum des auf Lesbos lokal geführten Aufnahmezentrums Kara Tepe oder der Herausgabe eines griechisch-englischen Wörterbuches.
Zudem stehen das Staatssekretariat für Migration (SEM) in Bern und die griechische Asylbehörde in Athen seit einiger Zeit in direktem Kontakt. Am Dienstag traf sich Sommaruga mit deren Direktorin Maria Stavropoulou zum Gespräch.