Schweiz wegen Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit verurteilt

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Beschwerde eines Westschweizer Journalisten gutgeheissen, der im Oktober 2003 in einem Artikel Informationen aus Protokollen der Waadtländer Polizei publiziert hatte.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (Archiv) (Bild: sda)

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die Beschwerde eines Westschweizer Journalisten gutgeheissen, der im Oktober 2003 in einem Artikel Informationen aus Protokollen der Waadtländer Polizei publiziert hatte.

In der Zeitschrift «L’Illustré» erschien der Text mit der Überschrift «Das Drama vom Grand-Pont in Lausanne – Die Befragung des verrückten Lenkers». Er behandelte den Fall eines Autolenkers, der auf das Trottoir der Lausanner Brücke Grand-Port gerast war.

Dabei kamen drei Menschen um und mehrere wurden verletzt. Der Täter wurde wegen mehrfachen Mordes und versuchten Mordes schuldig gesprochen und wegen Unzurechnungsfähigkeit verwahrt.

Das Bundesgericht hat im April 2008 das Urteil der Waadtländer Justiz gestützt, das den Journalisten wegen Veröffentlichung amtlicher geheimer Verhandlungen zu 4000 Franken Busse verurteilt hatte.

Der Europäsiche Gerichtshof gibt nun dem Journalisten recht, der in Strassburg eine Beschwerde gegen das Lausanner Urteil wegen Verletzung der Meinungsäusserungsfreiheit einreichte. Das Urteil des Gerichtshofes ist mit vier gegen drei Stimmen jedoch knapp ausgefallen.

Die Strassburger Richter begründen ihr Urteil damit, dass die Schweizer Behörden nicht aufgezeigt hätten, inwieweit die Verbreitung der als geheim taxierten Information einen negativen Einfluss auf die Unschuldsvermutung und das Recht auf ein faires Verfahren gehabt haben.

Ausserdem habe der Beschuldigte selbst kein Rechtsmittel gegen die Publikation des Artikels über ihn ergriffen. Und: Die Verurteilung des Westschweizer Journalisten für den besagten Artikel erachtet der Gerichtshof als unnötig in einer demokratischen Gesellschaft.

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