Die Enthüllungen des US-Informanten Edward Snowden ziehen auch in der Schweiz weite Kreise. Die Bundesanwaltschaft hat Kenntnis von diversen Ermittlungen fremder Staaten in der Schweiz. In dieser Hinsicht seien verschiedene Abklärungen im Gang, erklärte sie am Dienstag.
Edward Snowden steht in den USA aufgrund seinen Enthüllungen im Rampenlicht. Doch die Kreise ziehen sich bis in die Schweiz – auch die Bundesanwaltschaft weiss von Spionageakten fremder Staaten innerhalb der Landesgrenzen der Schweiz und hat nun Abklärungen eingeleitet.
Allerdings kann die Bundesanwaltschaft erst ein Verfahren eröffnen, wenn ein «begründeter Anfangsverdacht» besteht. Sie bestätigte gegenüber der Nachrichtenagentur sda einen Bericht der Zeitung «Le Temps» vom Dienstag. Um bei verbotenem wirtschaftlichen Nachrichtendienst überhaupt tätig werden zu können, brauche es eine Ermächtigung des Bundesrates.
Die Hände gebunden sind auch dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Zur Zeit gebe es keine rechtliche Grundlage, um den Finanzplatz zu schützen, sagte NDB-Sprecher Felix Endrich am Dienstag gegenüber dem Westschweizer Fernsehen RTS. Man könne keine Massnahmen gegen Bankenspionage ergreifen, solange das neue Nachrichtendienstgesetz noch nicht in Kraft sei.
Bund verlangt Aufklärung
Das Eidgenössische Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA) verlangte am Montagabend in einer diplomatischen Note von der US-Botschaft in Bern eine Klärung jener Umstände, die 2007 in Genf zur Anwerbung eines Bankangestellten durch den amerikanischen Geheimdienst CIA geführt haben sollen. Der Bund erwarte von den Mitgliedern des Diplomatischen Korps, dass sie sich an die Gesetze und Regeln des Gastgeberlandes halten, heisst es in der Mitteilung vom EDA.
Der «Guardian» hatte berichtet (mehr dazu auf Deutsch im Artikel: «Whisteblower outet sich»), CIA-Agenten hätten den Banker absichtlich betrunken gemacht. Als der Banker in eine Polizeikontrolle geraten sei, hätten sie ihm ihre Hilfe angeboten. Im Gegenzug habe der Banker die CIA mit Informationen versorgt.
Verstoss gegen Wiener Konvention
Bundesrat Didier Burkhalter zeigte sich am Montag erstaunt. «Diese Informationen sind überraschend für uns», sagte er gegenüber Radio SRF. «Falls das stimmt, wäre es ein Verstoss gegen die Wiener Konvention.»
Das EDA bestätigte zudem, dass Snowden von März 2007 bis Februar 2009 auf der Genfer US-Botschaft für die UNO als Attaché gemeldet war. Am Sonntag war bekannt geworden, dass Snowden die Quelle der jüngsten Enthüllungen über die massive Daten-Sammlung des US-Geheimdienstes NSA bei amerikanischen Internet-Diensten ist.