Schweizer Aufarbeitung nach der Enttäuschung

Coach Vladimir Petkovic denkt nach dem Achtelfinal-Out gegen Polen, das EM-Out sei zu früh gekommen. Ein paar wenige Details seien ausschlaggebend gewesen.

Vladimir Petkovic verlor trotz Enttäuschung nicht den Blick für das grosse Ganze (Bild: sda)

Coach Vladimir Petkovic denkt nach dem Achtelfinal-Out gegen Polen, das EM-Out sei zu früh gekommen. Ein paar wenige Details seien ausschlaggebend gewesen.

Das nicht mehr zu korrigierende Ergebnis steht aus Schweizer Sicht in einem schlechten Verhältnis zum enormen Aufwand, zur Kontrolle, welche sich die Equipe von Vladimir Petkovic nach einem schwierigen Auftakt erkämpft hatte.

Der Schweizer Selektionär schüttelte den Kopf: «Wir haben eigentlich kein Spiel verloren und sind dennoch ausgeschieden.» Aufgrund ihrer Leistungen hätten sie es verdient, «länger hier zu bleiben».

Wie beherzt, wie entschlossen, wie kompromisslos sich die SFV-Auswahl gegen das Out in der regulären Spielzeit stemmte und sich dank einem fantastischen Kunstschuss von Xherdan Shaqiri wenigstens den Zutritt zur Verlängerung verschaffte, verdient Respekt und Anerkennung.

Petkovic wertete die mitreissende Art und Weise, nie aufgesteckt und ein spätes Comeback erzwungen zu haben, als sehr positiv. Die Niederlage überschatte zwar einiges, aber das Gesamtbild bleibe ansprechend: «Ich versuche ruhig zu bleiben, weil ich weiss, dass wir alles probiert haben.»

Von einem Penalty-Drama sprach Petkovic explizit nicht, für ihn war es in erster Linie ein «Roulette». Sie hätten am Pokertisch letztlich zu viel verloren, «weil wir einige Fehler zu viel begangen haben. Wir waren zu wenig genau.»

Das Weltklasse-Kompliment der Polen

All die wohltuenden Einschätzungen sind letztlich mit Vorsicht zu geniessen, wenn das Ergebnis nicht mit ihnen korrespondiert. Entsprechend sind auch die freundlichen Wortmeldungen der polnischen Sieger im Zusammenhang mit den Schweizern einzustufen: «Sie sind ein Weltklasseteam – defensiv und offensiv», holte Adam Nawalka zur umfassenden Lobeshymne aus. «Ihr Potenzial ist gross, ihre Leistung auf dem Platz ebenfalls.»

In der Beurteilung Nawalkas spielte die starke erste Hälfte seiner Equipe eine untergeordnete Rolle, kam aber doch auch kurz zur Sprache: «Die erste Halbzeit war hervorragend, wir hätten mehrere Treffer schiessen müssen.»

Polen habe generell indes stark gelitten. «Es war ein schwieriges Spiel», so Nawalka. Er hätte auch zugeben können, sie seien angezählt gewesen – oder es Petkovic gleichtun können, der sich noch deutlicher ausdrückte: «Als wir im Spiel waren, stand nur noch eine Mannschaft auf dem Platz.»

Trost für Xhaka

Nach einer ausgesprochen guten Vorrunde mussten die Schweizer Protagonisten wie bereits mehrfach in den letzten zwei Dekaden eine Niederlage in der Knock-out-Phase kommentieren. Peter Stadelmann, der abtretende Delegierte des Nationalteams, wählte unter vielen schwer Enttäuschten den richtigen Ansatz für die erste Zusammenfassung: «Der Exploit fehlt.»

Stadelmann spürte bereits in den letzten Minuten, dass es womöglich von Vorteil wäre, «es nicht aufs Penaltyschiessen ankommen zu lassen». Nicht nur bei ihm tauchten wohl ein paar dunkle Gedankenfetzen an das Penalty-Desaster im WM-Achtelfinal gegen die Ukraine auf.

Anders als in Köln vor zehn Jahren versagten die Schweizer vom Elfmeterpunkt aus aber keinesfalls im Kollektiv. Nur einer verfehlte das Ziel, nur einer liess sich vom unerhörten Druck während eines Wimpernschlags aus der Ruhe bringen: Granit Xhaka.

«Der Schlusspunkt passt nicht zum Turnier», befand Stadelmann. Und der letzte Eindruck passt vor allem nicht zur Turnier-Performance des 23-jährigen Gladbachers mit zeitnaher Zukunft in London. Petkovic nahm die Nummer 10 sofort in Schutz: «Xhaka tut mir leid, aber er hat das Spiel nicht verloren.»

Shaqiri, «Man of the Match» zwar, aber selbstredend primär unzufrieden, sorgt sich nicht um seinen frustrierten Teamkollegen: «Er ist genug professionell, das zu verarbeiten. Manchmal ist man der Beste, ab und zu der Traurigste. Ich hoffe, er trifft im nächsten Achtelfinal.»

Grandezza bewiesen die Verlierer auch auf einem Nebenschauplatz. Dass Robert Lewandowski und Co. nichts Besseres einfiel, als ihren Jubeltanz direkt vor dem Hauptsektor der Schweizer Anhänger aufzuführen, nahm die SFV-Delegation gelassen. «Sie haben wohl nicht mitbekommen, wo ihre Fans stehen», lächelte Petkovic jegliche polemische Ansätze weg.

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