Schweizer Bands überraschen am Gurtenfestival

Erneut haben am diesjährigen Gurtenfestival die grossen Acts zu reden gegeben. Und wieder wurde das Lineup als einfallslos, irrelevant und aufgekocht kritisiert. Wenn das kein Grund ist, die unbekannteren Schweizer Bands auf den Nebenbühnen ins Zentrum zu stellen.

Gurtenbesucher trotzen der prallen Sonne und geniessen die Musik (Bild: sda)

Erneut haben am diesjährigen Gurtenfestival die grossen Acts zu reden gegeben. Und wieder wurde das Lineup als einfallslos, irrelevant und aufgekocht kritisiert. Wenn das kein Grund ist, die unbekannteren Schweizer Bands auf den Nebenbühnen ins Zentrum zu stellen.

Den Auftakt der musikalischen Entdeckungstour entlang der Nebenbühnen geben Iwan Petrowitsch – nicht einer, sondern drei Rapper aus Bern. Malek, Juka und Rouze haben sich ihren Gurten-Auftritt am Waldbühne Live Contest erkämpft, wo sie die Jury von ihren Live-Qualitäten und ihrem Potential überzeugten.

Es ist brütend heiss und definitiv kein Glaceschlecken, jetzt in der prallen Sonne rumzuhüpfen. Doch Iwan Petrowitsch (übersetzt: Hanspeter) hätten das Publikum selbst im klimatisiertesten Club ebenso zum Schwitzen gebracht – die Show der Berner ist unterhaltsam, kraftvoll und macht in jedem Fall Lust auf mehr.

Schaffhauser Newcomer mit Potential

Am Freitag gehört die Waldbühne als erstes der Schaffhausener Indie-Folk-Band The Gardener and The Tree. Bereits ihr Video „Wasteland“, mit dem sie sich im vergangenen Jahr erstmals der Öffentlichkeit gestellt haben, liess Musikbegeisterte aufhorchen. Der Auftritt am Gurtenfestival dürfte sie endgültig von dem Talent und der Leidenschaft der jungen Musiker überzeugt haben.

Mit The Gardener and The Tree ist eine Schweizer Band im Anmarsch, die dank einem herausragenden Sänger, starken Arrangements und schönen Texten sowohl ab Konserve wie auch live für Gänsehaut sorgen kann. Nicht umsonst sind die sechs Schaffhauser zum „SRF 3 Best Talent« des Monats Juni gewählt worden und mit ihrer EP „Revolution» sogleich auf Platz 35 in die offizielle Schweizer Hitparade eingestiegen.

Einziger Kritikpunkt: Obwohl sie gerade für ihren Sound so geliebt werden, ist es auf die Dauer irritierend und etwas langweilig, dass sich die Band so offensichtlich an ihren Idolen Arcade Fire oder Mumford & Sons orientiert. Entsprechend bleibt The Gardener and The Tree neben viel Erfolg auch eine noch persönlichere Note zu wünschen.

Ein lohnenswerter Blick in die Bamboo Bar

Dass sich die Nachmittagsbands ihren Applaus besonders hart verdienen müssen, zeigt ein Blick in die immer etwas stiefmütterlich behandelte Bamboo Bar. Dort rockt am späteren Nachmittag vor kleinem Publikum und bei drückender Zelthitze die Zürcher Boogie-Blues-Band Root Sixty-Nine die Bühne.

In Anzug und Fliege, mit Saxophon, Orgel, gehöriger Inbrunst und der beeindruckenden Darbietung eines charismatischen Frontmannes bringen die Musiker so manchen trotz Hitze zum Tanzen. Das Ambiente aber noch immer mutet eher nach Jazz-Club denn nach Party-Festival an – und ist gerade deswegen ein spezieller Gurten-Leckerbissen.

Make Plain, das grösste Highlight unter den Kleinen

Make Plain aus dem Tessin runden am Samstagnachmittag die dreitägigen Entdeckungstour ab. Und bilden gleichzeitig deren Höhepunkt: Die drei jungen Männer, die zwischen einer weit grösseren Anzahl von Instrumenten auf der Bühne sitzen, strotzen vor Spielfreude und Authentizität. Sie hätten mit ihrem Country-Folk-Blues-Mix ein weit grösseres Publikum verdient.

Doch leider straft sie die zunehmende Katerstimmung auf dem Festivalgelände. Die Gurtenbesucher können sich am dritten Tag nicht mehr ganz so leicht dazu aufraffen, am frühen Nachmittag bei grösster Hitze unbekannte Bands zu entdecken. So wird wohl leider auch nach dem Gurtenfestival 2014 vorwiegend über die grossen Acts debattiert werden.

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