Der Film „Hiver nomade“ des Waadtländers Manuel von Stürler ist am Samstagabend beim 25. Europäischen Filmpreis als bester Dokumentarfilm ausgezeichnet worden. Grosser Gewinner des diesjährigen Europäischen Filmpreises ist der österreichische Regisseur Michael Haneke.
Hanekes berührendes Drama „Liebe“ über Alter und Tod erhielt bei der Gala am Samstag auf Malta vier Auszeichnungen. Zwei der „europäischen Oscars“ heimste der 70-Jährige selbst ein: den Hauptpreis für den Besten Film und die Ehrung für die Beste Regie.
Auch seine beiden Hauptdarsteller Emmanuelle Riva (85) und Jean-Louis Trintignant (81) wurden als Beste Schauspieler geehrt, konnten ihre Preise aber nicht persönlich entgegennehmen.
„Liebe“ zeigt ein älteres Ehepaar, das sein ganzes, langes Leben miteinander verbracht hat. Dann erleidet die Frau einen Schlaganfall und wird ein Pflegefall. Ihr Mann, selbst körperlich schwach, kümmert sich aufopferungsvoll um seine Frau.
Haneke hatte bereits vor drei Jahren für „Das weisse Band“ den Europäischen Filmpreis nach Hause genommen.
Mit zwei Hirten durch die Schweiz
Der Schweizer Dokumentarfilmer von Stürler wiederum überzeugte die Mitglieder der Europäischen Filmakademie mit seinem stillen Film über den Schäfer Pascal und die Schäferin Carole, die mit rund 800 Schafen, drei Eseln und vier Hunden im tiefen Winter durch das Waadtland ziehen.
Der Film wirft auch ein Schlaglicht auf die Zersiedelung der Schweiz. Wegen der Zersiedelung müssen die „Winternomaden“ immer mehr Hindernisse überwinden – wird die Schweizer Landschaft weiter zugebaut, dürften der Beruf des Schafhirten in der Schweiz bald ausgestorben sein.
Bei der Preisverleihung lud von Stürler sein Team mit auf die Bühne ein, darunter Schäferin Carole, wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur sda berichtete. Dagegen fehlte Schäfer Pascal in der maltesischen Hauptstadt Valletta.
Pascal sei bereits vor einer Woche zu seiner diesjährigen Winterreise mit rund 800 Schafen durch die Westschweiz aufgebrochen, sagte von Stürler am Samstagabend.
Erst zwei Mal Schweizer Filme geehrt
„Hiver Nomade“ ist erst der zweite Schweizer Film, der mit dem prestigeträchtigen Europäischen Filmpreis ausgezeichnet wurde, wie SWISS FILMS mitteilte. 2009 hatte der Filmer Peter Liechti mit seinem Dokumentarfilm „The Sound of Insects“ in derselben Kategorie den Preis gewonnen.
„Hiver nomade“ war im Februar an der Berlinale uraufgeführt worden. Seit Anfang November ist er in den Schweizer Kinos zu sehen. Der Film wurde bereits mehrfach ausgezeichnet.
„Shame“, „Die Jagd“ und „Dame, König, As, Spion“ geehrt
Ein weiterer Gewinner bei der diesjährigen Gala war der britische Regisseur Steve McQueen. Sein Drama „Shame“, in dem der deutsch-irische Schauspieler Michael Fassbender einen sexsüchtigen Mann spielt, wurde für die Beste Kamera und den Besten Schnitt ausgezeichnet.
Auch der Spionagethriller „Dame, König, As, Spion“ des Schweden Tomas Alfredson erhielt zwei Preise: für die Filmmusik und das Szenenbild.
Der dänische Beitrag „Die Jagd“ von Thomas Vinterberg wurde für das Drehbuch geehrt. Das Werk zeigt „James Bond“-Bösewicht Mads Mikkelsen als Kindergärtner, der zu Unrecht des Missbrauchs beschuldigt wird.
Ehrenpreise für Mirren und Bertolucci
Zwei Preisträger standen bereits vor Beginn der Gala fest: Die britische Schauspielerin Helen Mirren („Die Queen“) wurde für ihren Beitrag zum Weltkino geehrt. Der italienische Regie-Altmeister und zweifachen Oscar-Gewinner Bernardo Bertolucci („Der letzte Kaiser“, „Der letzte Tango in Paris“) erhielt den Preis für sein Lebenswerk.
Der Europäische Filmpreis wird im alljährlichen Wechsel in Berlin oder in einer anderen europäischen Stadt verliehen.