Schweizer Dokumentarfilm gewinnt Leserjurypreis des „Tagesspiegel“

Erfolg für ein Schweizer Werk an der Berlinale: Der in der Sektion Forum uraufgeführte Dokumentarfilm „Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern“ des Schweizer Regisseurs Peter Liechti hat den Leserjurypreis der Berliner Tageszeitung «Tagesspiegel» gewonnen.

Erfahrung mit Preisen: Schweizer Regisseur Peter Liechti (Archiv) (Bild: sda)

Erfolg für ein Schweizer Werk an der Berlinale: Der in der Sektion Forum uraufgeführte Dokumentarfilm „Vaters Garten – Die Liebe meiner Eltern“ des Schweizer Regisseurs Peter Liechti hat den Leserjurypreis der Berliner Tageszeitung «Tagesspiegel» gewonnen.

Der Film über Liechtis betagte Eltern überzeugte die neunköpfige Jury „durch Ehrlichkeit, durch den Spagat zwischen zärtlichem Portrait und die gleichzeitige Offenbarung der eigenen Verletzlichkeit“, wie Swissfilms am Samstag mitteilte.

Der Filmemacher führe die Eltern nach Ansicht der Jury nicht vor, er lasse den Zuschauer vielmehr tief in ihr Leben blicken. So werfe der Film Fragen auf, die „alle bewegen“.

Peter Liechti ist vor ein paar Jahren, an einer Strassenecke, im Menschengewühl der Stadt, seinem Vater begegnet – zufällig, wie es ihm als erwachsener Mensch noch nie passiert war.  Da wusste er plötzlich, dass er sich von seinen Eltern ein Bild machen will.

Entstanden ist viel mehr als einfach nur ein Dokumentarfilm über sich und seine Eltern. Entstanden ist ein mit archäologischer Genauigkeit festgehaltenes Sittenbild einer aussterbenden Generationengattung. Es ist ein liebevolles Bild einfacher Menschen, die sich als gar nicht so einfach erweisen.

Liechti ist ein Sohn der Konflikte stehen lassen kann. Er ist ein Sohn, der seine Eltern nie bloss stellenwürde. Er stellt sie bloss in einen Zusammenhang. Er komponiert dabei den Klang der Bilder, indem er ausgewählte Dialog seiner Eltern in ein magisches Puppenspiel versetzt. Er montiert aber auch schon mal seine zauberhaften Beleuchtungseffekte zu kleinen Taumtexten. Liechti selber steht dabei nicht hinter der Kamera, nein, er ist die Kamera. Als Sohn, als Bildermacher ist er ein Teil dieser Welt, die der Film uns zu unserer Welt macht.

Diese Kamera stellt Fragen, sucht Nähe, und beharrt. Wie offen sie hierbei die Linse hat, zeigt sich, wenn der Agnostiker Liechti seine gläubige Mutter und Schwester fragt, wo er denn ihrer Meinung nach hinkommen werde, nach dem Tod. Ins Paradies? Da schweigen die beiden, schauen sich an, holen Luft, schweigen, schauen. In diesem Augenblick sind plötzlich wir die Kamera und sitzen mitten in Peter Liechti drin.

Nach u.a. «Signers Koffer» und dem «Summen der Insekten», für den er 2009 den Europäischen Dokumentarfilmpreis Prix Arte erhielt, ist es ein neuer und doch vertraut verspielter Liechtiblick in der Schweizer Filmlandschaft, der nun von den Leserinnen und Lesern des «Tagesspiegels» honoriert wurde.

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