Schweizer Fischer fürchten um die von ihnen 2011 erkämpfte landesweite Renaturierung von Gewässern. Sie kritisieren den Nationalrat und die Bauern-Lobby, welche die neuen Regeln schon nach einem Jahr abändern wollten.
Die Fischer sehen ihre Bemühungen um lebendige Gewässer ausgehebelt, wie die Delegierten des Schweizerischen Fischerei-Verbandes in einer am Samstag im bündnerischen Bergün verabschiedeten Resolution darlegen.
Konkret geht es um eine Motion, die von der grossen Kammer am Dienstag mit 94 zu 89 Stimmen knapp verabschiedet wurde. Darin wird der Bundesrat beauftragt, die 2011 erlassene Verordnung zur Renaturierung flexibler zu gestalten und dabei die Interessen der Bauern höher zu gewichten.
Die neuen Regeln zur Renaturierung gehen auf die Initiative „Lebendiges Wasser“ der Fischer zurück. Ihr Ziel war eine weitgehende Revitalisierung der Gewässer. Das Parlament einigte sich in einem Gegenvorschlag auf 4000 Kilometer, die naturnah zurückgebaut werden müssen. Die Initianten zogen daraufhin ihr Begehren zurück.
Nun würden die Bauern und eine knappe Mehrheit des Nationalrates versuchen, die neue Gesetzesgebung kurz nach dem Inkrafttreten wieder rückgängig zu machen, schreibt der Fischerei-Verband. Das sei in der Schweiz noch nie vorgekommen.
„Schwarze Woche für die Demokratie“
Roland Seiler, Zentralpräsident des Schweizerischen Fischerei-Verbandes, sprach am Samstag an der Delegiertenversammlung von „einer schwarzen Woche für die Demokratie“. Es sei eine Ohrfeige für das Parlament, wenn es einer Lobby gelinge, einen hart erarbeiteten Kompromiss im Nachhinein auszuhebeln.
Der Fischerei-Verband hofft nun, dass der Ständerat Gegensteuer geben wird. Ansonsten werde die nachträgliche Verwässerung der Renaturierungs-Verordnung zur Folge haben, dass niemand mehr Initiativen zurückziehe.
Die Fischer geben sich kampfeslustig. „Wir werden den Gewässerschutz mit allen zur Verfügung stehenden rechtlichen und politischen Mitteln verteidigen – wenn nötig gehen wir auf die Strasse und sammeln wieder Unterschriften“, sagte Präsident Seiler.
Bauernverband „überrascht und enttäuscht“
Den Schweizerischen Bauernverband (SBV) überrascht diese „harsche Kritik“, zumal die beiden Verbände vor wenigen Tagen „eine konstruktive Auslegeordnung über das Gewässerschutzrecht“ vorgenommen hätten. „In keinster Weise“ wolle der Bauernverband das neue Gewässerschutzgesetz in Frage stellen.
Er setzte sich lediglich dafür ein, dass das neue Gesetz so angewendet werde, dass sowohl die Anliegen des Gewässerschutzes als auch jene der Landwirtschaft berücksichtigt würden, heisst es in einem SBV-Communiqué.