Schweizer Häftlinge dürfen ihre Strafe nicht im Ausland absitzen

Um überfüllte Gefängnisse zu entlasten, wollten vor allem Westschweizer Kantone Häftlinge ins Ausland exportieren, damit sie dort ihre Strafe absitzen. Das ist jedoch nicht zulässig, besagt ein vom Bund bestelltes Gutachten.

Gefangene müssen ihre Strafe in der Schweiz absitzen - zu diesem Schluss kommt ein Gutachten des Bundesamts für Justiz. Im Bild das Genfer Gefängnis Champ-Dollon, das als chronisch überbelegt gilt (Symbolbild). (Bild: sda)

Um überfüllte Gefängnisse zu entlasten, wollten vor allem Westschweizer Kantone Häftlinge ins Ausland exportieren, damit sie dort ihre Strafe absitzen. Das ist jedoch nicht zulässig, besagt ein vom Bund bestelltes Gutachten.

Die Kantone dürfen keine Häftlinge ins Ausland schicken, damit sie dort ihre Strafe absitzen. Zu diesem Schluss kommt ein Gutachten des Bundes im Auftrag der kantonalen Justizdirektoren. Strafvollzug im Ausland sei mit den Grundrechten von Gefangenen nicht vereinbar.

Über das Gutachten berichtete die Sendung «10vor10» des Schweizer Fernsehens SRF am Donnerstag. Die Konferenz der Kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD) hatte vergangenen Herbst beschlossen, die rechtlichen Voraussetzung für eine Verlegung von Häftlingen ins Ausland abzuklären. Vor allem Westschweizer Kantone wollten auf diese Art überfüllte Gefängnisse entlasten.

Daraus wird nun vorerst nichts. Gemäss dem Gutachten des Bundesamtes für Justiz fehlen im geltenden Recht die notwendigen Grundlagen für eine Auslagerung von Freiheitsstrafen in Drittstaaten. Blaise Péquignot, Generalsekretär der Westschweizer Justizdirektorenkonferenz, bestätigte die SRF-Vorabmeldung.

Ein solcher Strafvollzug ist laut Gutachten mit den von der Bundesverfassung und internationalen Menschenrechtsverträgen garantierten Grundrechten von Strafgefangenen nicht vereinbar.

Westschweiz zeigt sich unnachgiebig

Die Westschweizer Justizdirektorenkonferenz zweifelt das Gutachten des Bundes an. Der Strafvollzug sei eine kantonale Angelegenheit, sagte Péquignot gegenüber der Nachrichtenagentur sda. «Wir glauben weiterhin, dass die Kantone die Kompetenz haben mit ausländischen Ländern Verträge abzuschliessen.»

Die Westschweizer Justizdirektoren entscheiden nun nächste Woche, ob sie das Projekt für einen Strafvollzug im Ausland weiterverfolgen wollen. Als mögliche Zielländer gelten Deutschland und Frankreich. In Europa haben bereits Belgien und Norwegen ein ähnliches Abkommen mit den Niederlanden geschlossen.

Kein Thema sind Verlegungen ins Ausland bei den Deutschschweizer Kantonen. Die Strafvollzugskonkordate der Nordwest- und Innerschweiz, sowie der Ostschweiz hätten das Projekt beerdigt, hiess es bei der KKJPD auf Anfrage.

Verführerische Idee

Eingebracht hatte die Idee ursprünglich der jurassische Justiz- und Polizeidirektor Charles Juillard. Neue Gefängnisse in der Schweiz zu bauen, koste viel Geld und nehme vor allem Zeit in Anspruch, erklärte er im März 2014 in Westschweizer Medien. Der Genfer Sicherheitsdirektor Pierre Maudet nannte die Idee «verführerisch». In seinem Kanton gilt besonders das Gefängnis Champ-Dollon als chronisch überbelegt.

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