Die Schweiz strebt in der EM-Ausscheidung gegen Portugal die ersten Punkte an. Das von Michael Suter im letzten Juni angestossene National-Projekt entwickelt sich wunschgemäss.
Nikola Portner braucht nicht lange abzuwägen: «Für mich sind die Partien gegen Portugal so wichtig wie jedes Europacup-Spiel.» Der ehrgeizige Goalie will die klar ersichtlichen Fortschritte der Schweizer Handball-Auswahl beim dritten und vierten Termin in der EM-Kampagne bestätigen. Der starke Auftritt gegen den Europameister Deutschland im Hallenstadion (22:23) habe verdeutlicht, dass «bei uns im Kopf inzwischen alle gleich funktionieren». Die neue Generation setzt weitgehend kompromisslos auf eine Karte. «Das Ausland ist das Ziel. Jeder will weiterkommen. Zurück kann man immer.»
Die Nummer 1 der SHV-Auswahl hat den «Move» (Portner) bereits vollzogen, einigen anderen Schweizer Talenten liegen erstklassige Offerten vor; weitere Transfers sind eine Frage der Zeit. Portner glaubt, der Weg in einer ausländischen Liga beschleunige die persönliche Entwicklung erheblich. «Die Konkurrenz, das tägliche Niveau in den Trainings, der Druck, das hohe Interesse – all diese Faktoren bringen einen weiter.»
Der Keeper von Champions-League-Viertelfinalist Montpellier hat imposante Momentaufnahmen hinter sich. Mit der südfranzösischen Equipe schaltete der 23-Jährige Anfang April den europäischen Titelhalter Kielce aus. Dass er am Sonntagabend am ungarischen Vorjahresfinalisten Veszprem scheiterte, schmälert in seiner Wahrnehmung nichts. «Ich habe zurzeit ein riesiges Selbstvertrauen», sagt der junge Torhüter zur Nachrichtenagentur sda.
Auf die nächste Aufgaben mit der Nationalmannschaft freut er sich uneingeschränkt. Er weiss die personellen Veränderungen rund um das Team zu schätzen. Der nach einem jahrelangen Niedergang im letzten Sommer eingeleitete Radikal-Umbau werde von einem Trainer umgesetzt, den er schon lange kennt und unheimlich hoch einstuft. «Michael Suter ist ein Weltklasse-Trainer. Wir dürfen uns in der Schweiz glücklich schätzen, einen solchen Mann an unserer Seite zu haben.»
Vernetztes Denken
Portner ist einer von 19 aktuellen A-Kader-Mitgliedern, die der frühere SHV-Ausbildner zwischen zwei und sechs Jahren auf der internationalen Nachwuchsebene betreut hat. Der 41-jährige Zürcher besitzt einen vergleichbaren Status wie Portner. Er ist ein grosser Hoffnungsträger, einer mit einem Plan und exakten Visionen, ein Experte, der das Charisma und den taktischen Tiefgang besitzt, das Nationalteam aus der Krise zu führen.
Der frühere Spitzen-Flügel hat sich im Trainermetier einen exzellenten Namen geschaffen. Unter seiner Leitung erreichten die Schweizer Junioren zehn EM- und WM-Turniere. Sein Coaching-Repertoire ist beeindruckend, seine Erfahrungswerte basieren auf mehr als 750 Spielen.
Für den ehemaligen Lehrer und studierten Kommunikator sind Verbesserungen nicht von Papieren abhängig. «Zu Beginn meiner Laufbahn coachte ich die Teams als Autodidakt.» Inzwischen ist der deutsche Master-Coach-Diplomträger perfekt vernetzt und ausgebildet. Zu verschiedenen Grössen seiner Branche unterhält Suter hilfreiche Kontakte; Barça-Trainer Xavi Pascual sei jederzeit ein spannender Gesprächspartner.
Fristen nennt Suter keine. Er weiss, dass er die Nationalmannschaft ganz am Ende der Skala übernommen hat. Es wäre komplett falsch, den Aufschwung nur auf das knappe Ergebnis gegen Deutschland zu reduzieren. «Diesen Fehler macht hoffentlich niemand, der die internationalen Verhältnisse einstufen kann», so Suter. «Wir sind aus Topf vier zur Ausscheidung gestartet. Deshalb ist ein stabiler Gegner wie Portugal für uns eine schwierig zu lösende Herausforderung.»
Den neuen Entscheidungsträgern ist ein mittelfristiges Comeback in der oberen Tableauhälfte Europas zuzutrauen. Suters Strategie lässt Hoffnung zu, sein enormer Sachverstand ist die grosse Chance der Schweizer Szene – und er ist der erste Nationalcoach seit Arno Ehret, der an der Klub-Basis den vollumfänglichen Zuspruch geniesst.