Erstmals seit Inkrafttreten der Waffenruhe in der Ostukraine vor vier Wochen ist das Zentrum der Separatistenhochburg Donezk wieder unter starkes Artilleriefeuer geraten. Eine Granate schlug unweit des IKRK-Büros ein. Ein Schweizer Mitarbeiter wurde dabei getötet.
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) bestätigte per Twitter den Tod eines Mitarbeiters. Bundespräsident Didier Burkhalter reagierte mit Bestürzung auf die Nachricht vom Tod des Schweizers. Den Angehörigen sowie dem IKRK drücke er sein Anteilnahme aus, wie es in einem Communiqué des Eidg. Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) hiess.
Besorgt zeigte sich der OSZE-Vorsitzende Burkhalter über die anhaltenden Verletzungen der Waffenruhe in der Ukraine und fordert alle Seiten auf, «die Waffen schweigen zu lassen, die Minsker Vereinbarungen konsequent umzusetzen und damit zu einer Deeskalation der Lage beizutragen».
Wer hat geschossen?
Der IKRK-Sitz in Donezk ist in einem dreistöckigen Gebäude untergebracht, das weniger als ein Kilometer vom Hauptquartier der Staatssicherheit entfernt liegt. Dieses ist seit April von den Rebellen besetzt.
Auf der Strasse vor dem Gebäude hatte es neben der Leiche des IKRK-Mitarbeiters einen Krater und Blutspuren. Fenster in der Umgebung waren geborsten, wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete. Nach einer Weile sei ein Auto vorgefahren, zwei Männer hätten die Leiche auf eine Bahre gelegt und seien mit ihr weggefahren.
Von wem die Granate abgeschossen wurde, blieb am Abend unklar. Von russischen Nachrichtenagenturen zitierte Rebellen machten die ukrainische Armee für den Beschuss verantwortlich.
Der ukrainische Aussenminister Pavel Klimkin machte hingegen die Rebellen verantwortlich: «Ich habe nur eine Frage: haben die Terroristen eine Ahnung, was Menschlichkeit ist, wenn sie das IKRK-Büro beschiessen, dessen einziges Ziel die Hilfe für die Menschen ist?»
Beschuss seit Mittwoch
Das Donezker Stadtzentrum war am Donnerstag erstmals seit Inkrafttreten der Waffenruhe zwischen Rebellen und ukrainischen Truppen vor vier Wochen wieder bombardiert worden.
Nach Angaben der prorussischen Verwaltung der Grossstadt wurde unter anderem ein Einkaufszentrum getroffen. Eine weitere Granate sei in ein Busdepot eingeschlagen, aber nicht explodiert, hiess es. Der öffentliche Personennahverkehr wurde ausgesetzt.
Bereits am Vortag waren in Vororten von Donezk nahe dem Flughafen mehrere Geschosse eingeschlagen, die zehn Zivilisten töteten. Rund um den Flughafen wird seit Wochenbeginn wieder erbittert gekämpft.
Die ukrainische Regierung und die prorussischen Separatisten hatten am 5. September in der weissrussischen Hauptstadt Minsk einen Waffenstillstand vereinbart, um die monatelangen Kampfhandlungen zu beenden.
Hauptbestandteil des Abkommens ist der Rückzug aller Kampfeinheiten auf jeweils mindestens 15 Kilometer hinter die Frontlinie. Die so entstehende 30 Kilometer breite Pufferzone soll unter die Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gestellt werden.