Der Sieg im WM-Strassenrennen der Männer in Doha wird am Sonntag unter den Nationen mit Sprintern ausgemacht. Von den acht startenden Schweizern verfügt wohl keiner über die nötige Endschnelligkeit.
Danilo Hondo vertritt in Katar den abwesenden Nationaltrainer Luca Guercilena. Dem Deutschen ist sehr wohl bewusst, dass die Schweizer auf den 257,3 flachen Kilometern durch die Wüste nach Al Khor und zurück nach Doha, wo auf der künstlich aufgeschütteten Insel «The Pearl» das Finale gefahren wird, nicht zu den Favoriten gehören. «Wir haben keinen Sprinter am Start und zählen nur zu den Aussenseitern. Doch alle Fahrer sind extrem motiviert. Sie wollen zeigen, dass die Schweiz bei dieser WM dabei ist.»
Wenn schon die Topographie keine Schwierigkeiten beinhaltet, so hofft Hondo zumindest auf den Faktor Wind. «Wer die Situation in Katar kennt und hier schon Rennen verfolgt hat, weiss, dass wegen des Windes manchmal der Sprint eine untergeordnete Rolle spielt. Weil es eben gar nicht zum Massensprint kommt.» Er habe eine breit aufgestellte Mannschaft zur Verfügung, die wisse, wie man Windkanten fahren müsse, erzählt Hondo.
Die richtige Gruppe erwischen
Der Deutsche, der seit über 15 Jahren in der Schweiz wohnt, hätte sich früher eine WM-Strecke wie jetzt in Doha gewünscht. «Da hätte ich um den Titel mitfahren können», ist der ehemalige Topsprinter aus Deutschland überzeugt. Mangels Sprintern im Team wünscht sich Hondo für diesen Sonntag allerdings ein anderes Szenario. «Nach über 250 Kilometern geht es darum, wer überhaupt noch stark genug ist. Da kann dann jede Attacke die entscheidende sein. Mit Martin Elmiger, Gregory Rast und Michael Schär haben wir routinierte Fahrer, die die entscheidende Gruppe erwischen können. Gelingt uns dies, so haben wir schon vieles erreicht.»
Der 38-jährige Elmiger, der für 2017 bei BMC Unterschlupf gefunden hat, konnte bei IAM in den letzten Saisons regelmässig auf eigene Rechnung fahren. Rast und Schär hingegen kam fast ausschliesslich die Rolle des Edelhelfers zu. Da würde es auch in einer kleineren Gruppe überraschen, wenn sie sich durchsetzen könnten. «Man weiss nie. Manchmal muss man das Herz in die Hand nehmen und auf gut Glück attackieren. Es geht darum, eine neue Situation zu schaffen und vielleicht den Mannschaften mit starken Sprintern ein Schnippchen zu schlagen. Die Schweizer müssen sich im richtigen Moment aktiv präsentieren», fordert Hondo.
Der wahrscheinlichste Rennverlauf sieht anders aus, wie auch Hondo zugibt. «Ich gehe von einem Feld von vielleicht 50 Fahrern aus, die gemeinsam zur Ziellinie fahren.» Dann werde es für die Schweizer schwierig. Am ehesten sähe der Wahlschweizer in diesem Fall «Silvan Dillier, der eine gewisse Endschnelligkeit mitbringt».
Endlich wieder ein Deutscher?
Die ersten Anwärter auf den Titel kommen allerdings aus Grossbritannien und Deutschland. Mark Cavendish bewies an der diesjährigen Tour de France mit vier Etappensiegen, dass mit ihm zu rechnen sein wird. 2011 in Kopenhagen ging die britische Strategie mit Cavendish bereits einmal auf. André Greipel und Marcel Kittel sind die Hoffnungsträger der Deutschen, die jedoch seit 50 Jahren nie mehr WM-Gold haben erringen können. Deutschland, das seit Jahren die erfolgreichsten Sprinter stellt, hat zudem ein Luxusproblem. Zwar sprach der Verband Greipel die Leader- und Kittel nur die Joker-Rolle zu. Dennoch sagt Kittel: «Wer für wen fährt, wird sich während des Rennens entscheiden.»
In einer ähnlichen Situation befinden sich Frankreich mit Nacer Bouhanni und Arnaud Démare, aber auch Norwegen mit Alexander Kristoff und Edvald Boasson Hagen. Auch der slowakische Titelverteidiger Peter Sagan geht keineswegs chancenlos ins Rennen.