Deutschschweizer und welsche Konsumentenschützer gehen unterschiedliche Wege im Fall manipulierter Motoren bei VW. Den geschädigten Autobesitzern würde es jedoch mehr dienen, wenn die Konsumentenschützer ihr gemeinsames Gewicht in eine Waagschale werfen würden.
Eine Entschädigung für die Besitzer von Autos der Marken VW, Audi und Skoda mit manipulierten Motoren, ähnlich wie sie Konsumentinnen und Konsumenten in den USA erhalten – das ist das Ziel der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS).
Demgegenüber setzt die Fédération romande des Consommateurs (FRC) auf eine Verhandlungslösung mit der Amag, der Generalimporteurin von VW in der Schweiz. Auf dem rechtlichen Weg will FRC zudem klären, wer überhaupt die Schuld trägt am Schaden, unter dem die Konsumenten leiden.
So lassen sich die Stossrichtungen der beiden schweizerischen Konsumentenschutzorganisationen skizzieren. Seit Mitte November letzten Jahres haben Amag und beide Organisationen am Verhandlungstisch gesessen. Doch nachdem zusehends klar wurde, dass die Generalimporteurin in Abstimmung mit dem VW-Management im deutschen Wolfsburg nicht zu Entschädigungszahlungen bereit ist, verliess die SKS Anfang letzten März den Verhandlungstisch.
FRC hat mit Amag Tests ausgehandelt
FRC hingegen vermeldete vor einigen Tagen eine Übereinkunft in den Verhandlungen mit Amag. «Wir werden die betroffenen Autos vor und nach der Nachrüstung durch Volkswagen testen», sagte Florence Bettschart, bei der FRC für Politik und Recht verantwortlich, gegenüber der Nachrichtenagentur sda. Zudem werde Amag jenen Kunden, die sich an den Test beteiligen, Ersatzwagen zur Verfügung stellen.
Und: Amag wird einen Teil der Kosten für diese Tests übernehmen. Genau diesen Punkt findet die SKS jedoch fragwürdig, lasse diese Beteiligung an den Kosten doch an der Unabhängigkeit der Tests zweifeln, sagte Sara Stalder, Geschäftsleiterin bei der SKS gegenüber der Nachrichtenagentur sda.
Florence Bettschart hingegen findet diese Konstellation nicht stossend. Die Tests seien staatlich anerkannt und die Werkstätten, wo sie durchgeführt würden, unabhängig, sagte sie. Darüber hinaus verweist sie auf ein weiteres Ergebnis der Verhandlungen, wonach Schweizer Kunden bei der Amag ihren Wagen mit manipulierter Software zurückgeben können und einen Neuwagen zu einem vorteilhaften Preis bekommen. Wie hoch jedoch der Preisnachlass sein wird oder wann die angekündigten Tests durchgeführt werden sollen, ist offen.
SKS setzt auf kollektiven Vergleich
Nachdem eine Entschädigung nach amerikanischem Vorbild in der Schweiz in weite Ferne gerückt ist und die zivilrechtliche Klage für den einzelnen Geschädigten zu aufwändig, zu teuer und zu unsicher ist, entschloss sich die SKS, auf eine kollektive Vergleichslösung zusammen mit weiteren europäischen Konsumentenschutzorganisationen in den Niederlanden zu setzten. Denn die Schweiz kennt das Instrument der Sammelklage nicht.
Ende Juni ging die SKS deshalb eine Partnerschaft mit der niederländischen Stiftung «Volkswagen-Car-Claim» ein und empfiehlt seither allen Besitzern eines Betrugsautos sich dort anzumelden. Die VW-Car-Claim führt für sie mit VW Vergleichsverhandlungen. Kommt keine Einigung zustande, kann VW-Car-Claim in den Niederlanden eine Klage gegen VW einreichen. Die Teilnahme am Verfahren ist für die Betroffenen kostenlos.
Gemeinsam stärker
Die FRC überlegt derzeit noch, ob es sinnvoll ist, sich, wie die SKS, der niederländischen VW-Car-Claim anzuschliessen. FRC hat sich mit der europäischen Konsumentenvereinigung «Bureau européen des unions de consommateurs» (BEUC) beraten, wie der Fall anzugehen sei. BEUC teilte FRC mit, dass keinerlei Eile geboten sei, sich VW-Car-Claim anzuschliessen. «Wir werden unseren Mitgliedern Anfang September mitteilen, wie wir uns verhalten werden», sagte Bettschart.
Würde auch FRC der Stiftung «Volkswagen-Car-Claim» beitreten, dann würden allein aus der Schweiz insgesamt etwa 120’000 Geschädigte ihr Gewicht in die Waagschale werfen.
In einem Vergleichsverfahren nach holländischem Recht werden die Kräfte der Geschädigten gebündelt. Erreicht die Stiftung einen Vergleich, so wird dieser von einem holländischen Gericht für rechtsverbindlich erklärt, führt die SKS aus. Während eines Jahres können Betroffene dann die individuelle Schadenersatzsumme bei der Stiftung einfordern.