Die Swiss-Ski-Fahrer halten für den Riesenslalom am Sonntag in Sölden auf dem Papier schlechte Karten in den Händen. Vor vier Jahren fuhr beim Weltcup-Opening letztmals ein Schweizer in die Top 10.
«Vier Fahrer im zweiten Durchgang und zwei im Schlussklassement in den Top 15», erhofft sich Thomas Stauffer für den Saisonauftakt auf dem Rettenbachgletscher oberhalb Söldens. Dabei denkt der Cheftrainer der Schweizer Männer in erster Linie an die 24-jährigen Justin Murisier und Gino Caviezel, die besten zwei Riesenslalom-Fahrer der vergangenen Saison.
«Justin befindet sich in den Top 15 der Disziplinenwertung und besitzt damit eine ganz andere Ausgangslage als in der Vergangenheit. Zwar hat er das eine oder andere ‚Bobo‘, dennoch wird er in Sölden attackieren», ist Stauffer vom Walliser überzeugt. Murisier war im letzten Winter ein Muster an Zuverlässigkeit. In neun von zehn Riesenslaloms gewann der Walliser Punkte, siebenmal erreichte er die Top 15.
Gino Caviezel dagegen schied 2015/16 in der Hälfte der Rennen aus, nur einmal reichte es ihm in die Top 10. Über den Bündner sagt Stauffer: «Gino fuhr im Sommer-Training viel konstanter als zuvor.» Auch der noch nicht 20-jährige Loïc Meillard, einem der grössten Hoffnungsträger von Swiss-Ski, attestiert Stauffer «einen grossen Schritt nach vorne». Der aus Neuenburg stammende Walliser hat im Riesenslalom einen fixen Startplatz aus dem letztjährigen Europacup.
Janka in Sölden dabei
Carlo Janka war im März 2011 der letzte Schweizer, der in der Sorgendisziplin Riesenslalom auf dem Podest stand. Damals gewann der Bündner, nur eineinhalb Wochen nach einem operativen Eingriff am Herz, das Rennen in Kranjska Gora. In der vergangenen Saison bestritt er wegen seiner Rückenbeschwerden erst ab Ende Februar Riesenslaloms. Heuer entschied sich der 30-Jährige für einen Start in Sölden. Die entscheidende Besserung in dieser Disziplin, in der er Weltmeister (2009) war und Olympiasieger (2010) ist, ist wohl erst ab nächstem Herbst zu erwarten. Im Hinblick auf die Olympia-Saison erfolgt bei den Riesenslalom-Ski eine Materialänderung.
Insgesamt starten am Sonntag acht Schweizer. In der internen Qualifikation setzten sich Sandro Jenal (24), Elia Zurbriggen (26), Junioren-Weltmeister Marco Odermatt (19) und Pierre Bugnard durch. Letzterer steht mit 23 Jahren vor seinem Weltcup-Debüt.
Ligety Schnellheilung und Hirschers Feuer
Eine Schnellheilung gelang Ted Ligety. Der Amerikaner hatte sich Ende Januar im Training das Kreuzband im rechten Knie gerissen. Anfang August stand er in Neuseeland erstmals wieder auf den Ski und fühlte sich sofort wieder gut. Dennoch ist fraglich, ob Ligety heuer in Sölden, wo er von den letzten fünf Riesenslaloms einzig jenen von 2014 nicht gewann, bereits wieder mit den Allerbesten mithalten kann. Läuft beim Comeback alles nach Plan, so wird der Olympiasieger von 2014 in St. Moritz seinen vierten Riesenslalom-WM-Titel in Serie anstreben.
Marcel Hirscher ist der erste Anwärter auf den Sieg in Sölden, wo er seit 2012 viermal hintereinander auf dem Podest stand und vor zwei Jahren gewann. Obwohl der fünffache Gesamtweltcupsieger, 39-fache Weltcupsieger und zweifache Weltmeister sein Karriere-Plansoll längstens erfüllt hat, «brennt das Feuer immer noch». Ziele für die WM-Saison hat Hirscher keine festgelegt, vielmehr lasse er alles auf sich zukommen.
Alexis Pinturault befand sich in der zweiten Saisonhälfte der letzten Saison zumindest auf gleicher Stufe wie der Seriensieger aus dem Salzburgischen. Einmal gewann der Franzose vier Riesenslaloms in Serie, womit er im Disziplinenweltcup Hirscher bis fast zuletzt fordern konnte.