96 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Schweiz sind stolz auf die Neutralität des Landes, 94 Prozent sind stolz, Schweizer zu sein. So viele waren es noch nie. 71 Prozent machen sich anderseits Sorgen über den wachsenden Egoismus.
Auf ihre Neutralität sind die Schweizerinnen und Schweizer nicht nur stolz: Jeder zweite sieht sie auch als Hauptstärke des Landes, jeder Dritte als Hauptmerkmal. Gemäss dem am Mittwoch veröffentlichten Sorgenbarometer 2015 der Credit Suisse werden zudem Frieden und Bildung als die grössten Stärken des Landes genannt.
Die Entsolidarisierung der Gesellschaft jedoch macht den Befragten Sorgen. 71 Prozent – vier Prozentpunkte mehr als vor einem Jahr – gaben an, der Egoismus gefährde die Identität der Schweiz. Das sind genau gleich viele, wie jene, die in der Beziehung der Schweiz zur EU eine Bedrohung der Identität sehen.
Dennoch – oder gerade deshalb: Noch immer 60 Prozent der Befragten wünschen eine Fortsetzung der bilateralen Verhandlungen. Das sind 6 Prozentpunkte weniger als 2014. Kleiner geworden ist gleichzeitig aber auch der Anteil jener, welche die «Bilateralen» aufkünden wollen: Er sank von 31 auf 24 Prozent.
Der EU beitreten möchten gemäss Befragung 23 Prozent (+9 Prozentpunkte). Eine ernsthafte Alternative sehen 46 Prozent (+ 5 Prozentpunkte) in einem EWR–Beitritt. Insgesamt wünschen sich noch 64 Prozent ein offensiveres Verhalten der Politik gegenüber dem Ausland – ein Rückgang um 15 Prozentpunkte. Für ein defensiveres Verhalten sind 30 Prozent (+13 Prozentpunkte).
Sorgen um die drei A
Am meisten Sorgen machen sich die Schweizerinnen und Schweizer um die drei A: Arbeitslosigkeit/Jugendarbeitslosigkeit (56%, +5 Prozentpunkte), Ausländerfragen (43%, +3), AHV/Altersvorsorge (38%,+1). Diese drei Bereiche führen die Sorgen–Hitliste seit Jahren in unveränderter Reihenfolge an.
Ebenfalls seit Jahren unverändert auf Platz 4 folgen mit 35 Prozent (+9) Fragen zum Thema Flüchtlinge. Von Platz 9 auf 5 vorgerückt sind die Sorgen um den Euro. Gleichauf liegt der Bereich EU/Bilaterale.
Auch wenn allfällige Arbeitslosigkeit sie beunruhigt: Vorderhand geht es den meisten Schweizerinnen und Schweizern (63%) wirtschaftlich gut oder sehr gut. 86 Prozent sind zuversichtlich, dass dies auch im kommenden Jahr so bleibt oder sogar besser wird. 13 Prozent allerdings schauen dem kommenden Jahr bang entgegen, so viele wie seit 2002 nicht mehr.
Die allgemeine wirtschaftliche Situation stufen die Befragten kritischer ein. 55 Prozent gaben an, sie habe sich im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert. 16 Prozent haben eine Verbesserung beobachtet, 28 Prozent sind überzeugt, sie habe sich verschlechtert.
Für das kommende Jahr befürchten 23 Prozent eine Verschlechterung der allgemeinen wirtschaftlichen Situation, 20 Prozent sind zuversichtlich, dass sie sich verbessert. 52 Prozent glauben, die wirtschaftliche Lage werde unverändert gut bleiben.
Vertrauenswürdiger Bundesrat
Ungebrochen ist das Vertrauen ins Bundesgericht. Seit sieben Jahren liegt es an der Spitze der Nennungen, dieses Jahr mit 68 Prozent (+6 Prozentpunkte). Lag die Nationalbank (SNB) letztes Jahr noch auf Platz 2 der vertrauenswürdigsten Einrichtungen, so belegt sie dieses Jahr mit noch 52 Prozent (–12 Prozentpunkte) Rang 8.
Ihren Platz hat laut Bericht der Bundesrat eingenommen. Mit 63 Prozent (+6 Prozentpunkte) holt er zum ersten Mal überhaupt Silber. Bronze geht gleich an drei Institutionen mit je 57 Prozent: die Polizei (–3 Prozentpunkte), der Nationalrat (+1) und die Banken (+11). Sie rangieren noch knapp vor den Kirchen mit 56 Prozent (+10).
Deutlich nachgelassen hat das Vertrauen der Bevölkerung in Arbeitnehmer– und Arbeitgeberorganisationen. Erstere geniessen noch das Vertrauen von 47 Prozent der Befragten (–9 Prozentpunkte), letztere sacken um 15 Prozentpunkte auf 38 Prozent ab.
Die Medien sind ungefähr für jede zweite und jeden zweiten glaubwürdig. Dem Radio vertrauen 52 Prozent (–2 Prozentpunkte), bezahlten Zeitungen 51 Prozent (+3), dem Fernsehen 50 Prozent (–9), dem Internet 48 Prozent (+3) und den Gratiszeitungen 46 Prozent (–3).
Das CS–Sorgenbarometer wurde zum 40. Mal erstellt. Im Auftrag der Credit Suisse führte das Forschungsinstitut gfs.bern im Juli und August 2015 eine repräsentative Umfrage bei 1009 Stimmberechtigten mit Wohnsitz in der Schweiz durch.