Der Schweizer Theaterregisseur Luc Bondy ist im Alter von 67 Jahren gestorben. Das gab das von ihm seit 2012 geleitete Odéon-Theater in Paris am Samstag bekannt. Bondy hatte seit einiger Zeit mit einer schweren Erkrankung zu kämpfen.
Luc Bondy prägte das europäische Theater der letzten Jahrzehnte. Sein jüdisch-atheistisches Elternhaus und seine calvinistische Erziehung legten dazu den Grundstein.
Er war der Inbegriff des europäischen Kulturschaffenden. Luc Bondys zentraleuropäische Wurzeln, seine Kindheit in Frankreich und seine Regie-Erfolge auf Bühnen in Hamburg, Berlin, Wien, Paris und New York machten ihn zu einem der kosmopolitischsten Theaterleute. Nun ist Bondy mit 67 Jahren in Paris gestorben.
Dort war der Theater- und Opernregisseur mit Schweizer Pass bis zuletzt und trotz einer schweren Krankheit Direktor des Odeon-Theaters. Nicht nur dort erwies er sich als Regisseur, der mit und nicht gegen sein Ensemble arbeitet und sich so grossen Respekt der Schauspieler erwarb. Zu seinen Erfolgen der vergangenen Saisons am Odeon gehörte seine Produktion von Merivaux‘ «Les Fausses Confidences» mit Isabelle Huppert.
Psychologisches Geschick
Schon 2012 bewies Bondy psychologisches Geschick, als er seinen Landsmann Bruno Ganz überzeugen konnte, nach jahrelanger Entfremdung vom Theater doch wieder die Bühne zu betreten. «Das war nicht schwierig. Ich habe ihn angerufen und mit ihm sehr viel gearbeitet», meinte Bondy lapidar, nachdem Ganz in Harold Pinters «Die Heimkehrer» brilliert hatte.
Seine Gabe, alles auszudiskutieren, und eine gewisse Strenge – diese Eigenschaften schrieb Bondy seiner jüdisch-atheistischen Familie und seiner Erziehung in einem calvinistischen Internat in Südfrankreich zu. Bondy wurde 1948 in Zürich als Sohn des Literaturkritikers François Bondy geboren, dessen Familie Prager Wurzeln hatte.
Nach einem Studium der Pantomime in Paris wurde Bondy bereits mit 25 Jahren zum gefragten Theatermacher. Ionescos «Die Stühle» in Nürnberg und Ödön von Horváths «Glaube, Liebe, Hoffnung» am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg zählten zu seinen ersten Erfolgen in den 70er Jahren.
In Deutschland war Bondy besonders eng mit der Berliner Schaubühne verbunden, wo er von 1985 bis 1988 dem Direktorium angehörte. Im Jahr 1989 inszenierte er dort die Uraufführung von Botho Strauss‘ «Die Zeit und das Zimmer». Yasmina Rezas erfolgreiches Stück «Drei Mal Leben» hob er 2000 am Wiener Akademietheater aus der Taufe. In Wien prägte Bondy von 2001 bis 2013 als Leiter der Wiener Festwochen das Kulturgeschehen.
Sensible Bühnensprache
Theaterkritiker haben Bondy für seine unverwechselbare und sensible Bühnensprache gelobt, die mit sparsamen, aber aussagekräftigen Gesten auskam. «Ich hasse diese Inszenierungen von Leuten, die in jeder Sekunde ihre Fantasie beweisen müssen», sagte er vor Jahren dem «Spiegel».
Bondy litt seit jungen Jahren an verschiedenen Krankheiten, die ihn auch immer wieder zu Absagen zwangen. Trotzdem arbeitete er unermüdlich weiter, zuletzt auch an einem Roman. «Ich halte, wie Sie sehen, nichts von schöpferischen Pausen, da kommen nur schlechte Ausdünstungen», sagte er der Wiener Zeitung «Der Standard».
«Durch seine persönliche Geschichte und seine aussergewöhnliche Arbeit verkörpert er die Kultur Europas», sagte Frankreichs Präsident Francois Hollande.
Der Regisseur selbst hatte bescheidene Ansichten über das Theater. «Es kann Menschen nicht ändern und für sie auch nicht denken. Es kann nur in der Zeit, wo es passiert, zeigen, dass bestimmte Leute Ängste haben oder Mahnungen ausdrücken über Zeiten, die kommen werden», sagte er dem Wiener «Kurier».
Als «einen grossen Mann des Theaters» betrauerte auch Österreichs Kulturminister Josef Ostermayer (SPÖ) den Verstorbenen. «Luc Bondy hat das Kultur- und Theaterleben in Österreich massgeblich mitgeprägt», so Ostermayer in einer Mitteilung.