Nach Winterthur und Genf zieht der Tross des Schweizer Theatertreffens in diesem Jahr zum ersten Mal ins Tessin. Dort werden an drei Spielorten insgesamt acht Aufführungen gezeigt. An einer Gala wird dann auch der Gewinner des Grand Prix Theater enthüllt.
Für die diesjährige Edition habe die Jury 220 Stücken gesichtet – daraus seien dann acht Aufführungen ausgewählt worden, wie die Veranstalter am Mittwoch in Lugano mitteilten. Es sei ein «avantgardistisches Programm», mit Theaterakteuren, die dezidiert «politisch und kritisch» seien, sagte Sandrine Kuster, Präsidentin des Vereins Schweizer Theatertreffen.
Das besondere an der diesjährigen Edition im Tessin ist, dass es dezentral durchgeführt wird: Spielorte sind neben dem LAC und dem Teatro Foce in Lugano das Teatro Sociale in Bellinzona und das Cinema Teatro in Chiasso. Dafür werden die Veranstalter eigens einen Shuttle-Dienst einrichten, um die Besucher jeweils zeitnah an den neuen Spielort zu bringen.
Für das Tessin ist diese regionale Kooperation keine Selbstverständlichkeit, da die Kulturszene in der Vergangenheit häufig nicht geschlossen auftrat.
Auch wenn nun für das nationale Theatertreffen eine wichtige Zusammenarbeit gelungen sei, müsse die Tessiner Theaterszene im Vergleich zum Rest der Schweiz immer noch als «fragil» bezeichnet werden, so Gianfranco Helbling, Direktor des Teatro Sociale in Bellinzona. Eine Art Leuchtturmfunktion nimmt dabei das Kulturzentrum LAC ein, welches 2015 eröffnet wurde. Ohne ein solches Haus hätte das Tessin ein Treffen wie das diesjährige nicht organisieren können, so Helbling.
Milo Rau am LAC
Der wohl bekannteste Regisseur am diesjährigen Theatertreffen setzt zugleich den Schlusspunkt. Milo Rau und sein International Institute of Political Murder (IIPM) kommen mit dem Stück «Empire» nach Lugano – dem Abschluss seiner «Europa»-Trilogie. Die Vielsprachigkeit des Theatertreffens bekommt in Raus Stück seinen ganz eigenen Dreh. Hier sprechen alle Protagonisten einfach in ihrer Muttersprache – egal ob Rumänisch, Griechisch oder Arabisch. Am Tag zuvor geht Rau- ebenfalls am LAC – in einem Workshop der Frage nach «Was ist globaler Realismus ?».
Ebenfalls für das Treffen ausgewählt wurde «Das Schweigen der Schweiz», welches im letzten Dezember am Theater St. Gallen Premiere feierte. Es ist ein Gemeinschaftswerk von fünf Autoren: Für ihre Beiträge schlägt die Regisseurin Sophia Bodamer jeweils fünf verschiedene szenische Lösungen vor, die beim Theatertreffen in Chiasso zu sehen sein werden.
Preisverleihung zum Auftakt
Am Eröffnungsabend des 4. Schweizer Theatertreffens am 24. Mai wird Bundesrat Alain Berset den Grand Prix Theater verleihen. Diese höchste Theater-Auszeichnung wurde früher unter dem Namen Hans-Reinhart-Ring vergeben.
Die weiteren Preise wurden bereits Ende März bekanntgegeben. So wurden die Puppenspielerin Margrit Gysin, die Schauspielerin und Regisseurin Marielle Pinsard, die Autorin und Regisseurin Valérie Poirier und das Künstlerduo TricksterP geehrt. Die Preissumme beträgt 30’000 Franken für Personen und 50’000 Franken für Institutionen respektive Gruppen.
Der Verein des Schweizer Theatertreffen gab bereits am Mittwoch bekannt, dass die nächste Ausgabe 2018 in Zürich stattfinden soll.