Die Schweiz unterliegt im ersten EM-Test in der Slowakei 2:3. Erst nach 55 ungenügenden Minuten und einem 0:3-Rückstand dreht die umformierte SFV-Auswahl auf.
Statt einer Reaktion auf eine der schwächeren Vorstellungen in einer ersten Halbzeit seit dem Amtsantritt von Vladimir Petkovic sackten die Schweizer innerhalb von sieben Minuten noch tiefer ab. Michal Duris profitierte ein zweites Mal von weiteren Aussetzern der SFV-Abwehr, ehe PAOK-Professional Robert Mak nach einem teilweise chaotischen Defensivverhalten der Gäste auf 3:0 (55.) erhöhte.
Nach acht Partien mit nur einer Niederlage drohte beim vorletzten Termin des Länderspieljahres vorübergehend ein überaus unfreundliches Ergebnis – bis der Taktgeber der Schweizer noch vor Ablauf einer Stunde energisch Korrekturen anbrachte. Mit vier Wechseln innerhalb von 60 Sekunden und der Umstellung auf ein 4-2-4-System rüttelte er seine lange vor allem lethargische Gruppe auf.
Die Massnahmen zahlten sich ohne Verzögerung aus. Der eingewechselte Vorkämpfer Valon Behrami riss die Organisation an sich. Vor ihm und Gökhan Inler stürmten die Schweizer nun mit vier Offensivkräften an. Aus der Tempoverschärfung resultierte eine Tor-Doublette von Eren Derdiyok und Joker Josip Drmic – und die Hoffnung, den lange völlig ungenügenden Abend erheblich zu beschönigen. In der Nachspielzeit kam sogar Hektik auf, weil sich die Schweizer sich (zu) spät mit allen Mitteln wehrten und mehrere Rudelbildungen auslösten.
Aber die Slowaken, im Sommer auch dank einem 2:1-Coup gegen den Titelhalter Spanien erstmals auf der grossen EURO-Bühne, liessen sich nach zuletzt drei Niederlagen in Trnava die zeitweise komfortable Reserve nicht mehr entreissen. Aus Schweizer Optik blieb das einigermassen akzeptable Comeback nach dem Einbruch zurück und die Erkenntnis, künftig nur in bestmöglicher Aufstellung vor unliebsamen Überraschungen verschont zu bleiben. Fünf oder sechs aus dem Stamm genügen nicht zur Ehrenmeldung.
Die Experimente ohne Ergebnis
Eine erste gute, ziemlich druckvolle Phase genügte den Einheimischen bereits zum 1:0-Vorteil. In den Minuten vor der Pause engten sie den Spielraum der Schweizer spürbar ein, die unübersichtlichen Szenen vor Bürki häuften sich. Und nach einem Cornerball verlor die Defensive den Zugriff vollends. Liverpools Verteidiger Martin Skrtel legte eine Flanke per Kopf auf, der Pilsens Meister-Stürmer Duris vollendete per Kopf.
Vladimir Petkovic hatte den ersten von sechs EM-Tests zur Chance für einige Probables aus der zweiten Reihe ausgerufen. Spielern wie Pajtim Kasami oder Gelson Fernandes, die beiden bildeten von Beginn weg zusammen mit Captain Inler, die Dreierkette im Zentrum, oder Valentin Stocker und Eren Derdiyok in der vordersten Reihe räumte der Coach die Möglichkeit zur Werbung in eigener EM-Sache ein.
Das Experiment mit einer Formation, die während der Ära Petkovics so nie zum Zug gekommen ist, lohnte sich nicht. Schon früh waren die Abstimmungsprobleme absehbar. In der ersten Viertelstunde investierten die meisten Schweizer ihre Energie in die (non-)verbale Kommunikation mit Gesten und vergeblichen Zurufen.
Es war offensichtlich, die Konstellation passte nicht. Zum einen kämpften nicht wenige Schweizer mit ihren schon im Kluballtag eklatanten Rhythmusproblemen, andererseits fehlten Figuren mit Stilsicherheit, Leader mit der Qualität, Struktur in das teilweise wirre und wilde Spiel zu bringen.
Drmic und Derdiyok auf dem EM-Radar
Erst als Petkovic einschneidende taktische und personelle Änderungen anordnete, lehnten sich die Schweizer auf, leisteten sie einem Kontrahenten wirkungsvoll Widerstand, der zuvor in 24 Monaten zwölf seiner 16 Partien gewonnen hatte.
Jene, die fortwährend hoffen, eine prominentere Rolle spielen zu dürfen, enttäuschten auf der ganzen Linie. Stocker beispielsweise blieb ohne Akzent, Fernandes und Kasami sammelten ebenso wenig Pluspunkte. Sie beschleunigten nicht das Spiel, sondern das Abdriften von der Ideallinie.
Drmic hingegen, der in Mönchengladbach praktisch keine Rolle mehr spielt, deutete mit seinem Treffer abermals an, dass mit ihm als Joker in der SFV-Auswahl nach wie vor zu rechnen ist. Und Derdiyok, seit seinem Comeback nach zweijährigem Timeout im Schweizer Team, markierte im 49. Länderspiel das zehnte Tor. Er ist endgültig wieder auf dem EM-Radar aufgetaucht.
Slowakei – Schweiz 3:2 (1:0)
Trnava. – 17’582 Zuschauer. – SR Zelinka (Tsch). – Tor: 39. Duris (Skrtel) 1:0. 48. Duris (Weiss) 2:0. 55. Mak (Hamsik) 3:0. 63. Derdiyok (Lang) 3:1. 67. Drmic (Djourou) 3:2.
Slowakei: Mucha; Gyömber (74. Sabo), Skrtel, Durica, Hubocan; Kucka (74. Pecovsky), Hrosovsky (86. Gregus); Mak (74. Sestak), Hamsik (87. Duda), Weiss (74. Jakubko); Duris.
Schweiz: Bürki; Lichtsteiner (58. Lang), Schär, Djourou, Moubandje; Fernandes (58. Behrami), Inler (74. Zuffi), Kasami (58. Drmic); Shaqiri, Derdiyok (74. Seferovic), Stocker (58. Mehmedi).
Bemerkungen: Schweiz ohne Rodriguez, Xhaka (beide rekonvaleszent), Embolo, Frei (beide verletzt), Hitz (krank/Hotel), Steffen (krank/nicht mehr im Kader). – Verwarnungen: 78. Seferovic (Foul). 92. Duris (Unsportlichkeit). 93. Skrtel (Unsportlichkeit).