Dem starken Franken und der Eurokrise zum Trotz hält sich die Schweizer Wirtschaft dank einer robusten Binnenkonjunktur besser als erwartet. Laut der Expertengruppe des Bundes dürfte das Wachstum 2012 1,4 Prozent betragen. Skeptischer sind die Auguren über die Entwicklung im kommenden Jahr.
Bisher hatten die Experten des Bundes für das laufende Jahr mit einem Wachstum von 0,8 Prozent gerechnet. In Übereinstimmung mit anderen Konjunkturbeobachtern, die in den letzten Tagen ihre Prognosen erhöht hatten, hat das Seco am Dienstag seine Prognose für 2012 deutlich nach oben angepasst.
Pessimistischer sind derzeit noch die Credit Suisse (+0,5 Prozent), die Westschweizer Créa (+0,3 Prozent) sowie die KOF (+0,8 Prozent). Optimistischer als der Bund ist Bakbasel (+1,5 Prozent).
Die Prognose der Credit Suisse ist nur ein paar Tage alt und die Créa bestätigte auf Anfrage die Prognose vom 8. Mai. Die KOF wird laut Aussagen vom Dienstag eine höhere Prognose am 22. Juni veröffentlichen. Am Donnerstag wird die Schweizerische Nationalbank ihre aktuelle Prognose publizieren (Prognose 15. März: +1,0 Prozent).
Verantwortlich für die höheren Prognosen sind die wider Erwarten sehr guten Wachstumszahlen für das Winterhalbjahr. Das Bruttoinlandprodukt (BIP) wuchs im ersten Quartal um 0,7 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Tiefere Prognosen deuten daraufhin, dass entweder das ersten Quartal anders beurteilt wurde oder für den weiteren Jahresverlauf eine sehr tiefe Rezession erwartet wird.
Staatsschuldenkrise als Knackpunkt
Die Anpassung nach oben für das laufende Jahr dürfe nicht darüber hinweg täuschen, dass sich das europäische Wirtschaftsumfeld in jüngster Zeit weiter verschlechtert habe, stellte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) am Dienstag fest. Entscheidend für eine weiterhin positive Konjunkturentwicklung sei, dass eine Eskalation der Staatsschuldenkrise im Euroraum verhindert werden könne.
Die Expertengruppe des Bundes geht davon aus, dass eine „unkontrollierte Ausbreitung der Krise“ im Euroraum vermieden werden kann. Aber auch ohne Ausbruch einer derartigen Krise blieben die europäischen Konjunkturperspektiven sehr gedämpft. Besser sind die Konjunkturperspektiven für Asien und die USA. Die Schwellenländer zeigen alles in allem ein positives Bild.
Das schwierige aussenwirtschaftliche Umfeld gehe nicht spurlos an der Schweizer Wirtschaft vorüber, stellt das Seco fest. Viele Exportfirmen mussten im Zuge der Währungsturbulenzen seit 2010 ihre Verkaufspreise zulasten der Margen senken, um trotz Frankenstärke international konkurrenzfähig bleiben zu können.
Skeptischer für 2013
Die Expertengruppe rechnet damit, dass die Konjunkturentwicklung im restlichen Verlauf dieses sowie im kommenden Jahr weiterhin durch eine grosse Heterogenität zwischen gut laufenden Binnensektoren, wie Bau, konsumnahe Bereiche, inlandorientierte Dienstleistungen auf der einen Seite, und unter erhöhtem Anpassungsdruck stehenden Exportsektoren auf der anderen Seite geprägt bleiben wird.
Für das kommende Jahr geben sich die Prognostiker des Bundes daher skeptischer, statt wie bisher mit einem BIP-Wachstum von 1,8 Prozent wird neu mit 1,5 Prozent gerechnet.