Die schweizerisch-deutsche Doppelbürgerin Nora Gomringer hat den mit 25’000 Euro dotierten Bachmannpreis gewonnen. Sie überzeugte die Jury mit ihrem Text «Recherche», in dem eine Frau in einem Mietshaus das Rätsel um den Tod eines Jungen zu lösen versucht. Mit Dana Grigorcea wurde eine zweite Schweizerin ausgezeichnet.
Nora Gomringer gehörte von Beginn zum Kreis der Favoriten mit ihrem Text «Recherche», in dem eine Frau in einem Mietshaus das Rätsel um den Tod eines Jungen zu lösen versucht.
Mit ihrem Tonbandgerät zieht sie von Wohnung zu Wohnung und realisiert allmählich, dass der Teenager sich umbrachte, weil er wegen seiner angeblichen Homosexualität gemobbt wurde.
Die erfahrene Slam-Poetin setzte bei ihrem Vortrag ihre ganze Bühnenpräsenz ein und imitierte in ihrem hörspielartigen Text alle Stimmen. Im Text spielt sie mit höchster Raffinesse mit der Situation des Vorlesens beim Wettbewerb. «Ist das Mikro an? Test, Test» beginnt die Erzählung, so dass man als Zuschauer meinte, Gomringer teste tatsächlich das Tonband, dabei war es ihre Figur Bossong.
Die Kritiken reichten von «meisterlich gemacht» über «grossartig», «genial» bis zu «raffiniert abgründig». Der Schweizer Juror Juri Steiner, der wie immer aus dem Team herausragte, hat sogar einen versteckten Clou gefunden, wie Gomringers Nicken nahelegt: Der Name «Bossong» erinnere an das Gottesteilchen Higgs-Boson und der Text sei die Versuchsanordnung eines kosmischen Unterfangens.
Stark verankerte und geschätzte Dichterin
Gomringer (35) ist in der Lyrik- wie auch in der Slamszene bereits bestens bekannt und geschätzt. Die TagesWoche-Leserschaft erinnert sich womöglich an ihren Gastbeitrag im Rahmen des Sommerslams 2012:
Mit dem dritten, dem 3sat-Preis, an Dana Grigorcea ging eine weitere Auszeichnung an eine Schweizerin. Sie ist mit 7500 Euro dotiert. Grigorcea war mit einem Auszug aus ihrem demnächst erscheinenden Roman «Das primäre Gefühl der Schuldlosigkeit» angetreten, eine bitterböse Satire über die Geschichte Rumäniens seit Ceausescu.
Der zweite, der Kelag-Preis, in Höhe von 7500 Euro und der vierte, der mit 7000 Euro dotierte Publikumspreis, gingen beide an die österreichische Autorin Valerie Fritsch. Sie gewann die Gunst von Jury und Publikum mit dem Text «Das Bein» über einen jungen Heimkehrer, der sich seinem Vater, einem beinamputierten, zunehmend verzweifelnden Tänzer, anzunähern versucht.