Drei Tage nach dem Schiffsunglück vor der Küste der Toskana mit sechs Toten haben sich die Hinweise auf fahrlässiges Verhalten des Kapitäns der „Costa Concordia“ verdichtet. Die Reederei warf ihm am Montag einen „unerklärlichen Fehlentscheid“ vor.
Kapitän Francesco Schettino habe auf eigene Faust ein nicht genehmigtes Manöver vollführt, sagte der Chef der Kreuzfahrtgesellschaft Costa Crociere, Pier Luigi Foschi, bei einer Medienkonferenz in Genua. Schettino habe seinen Kurs entgegen den schriftlich fixierten Regeln der Kreuzfahrtgesellschaft gewählt.
Einem Zeitungsbericht zufolge fuhr der inzwischen verhaftete Kapitän zu nah an die Insel Giglio heran, um einem Schiffskellner einen Gefallen zu tun.
Laut „Corriere della Sera“ liess Schettino kurz vor dem Unglück einen von Giglio stammenden Oberkellner auf die Kommandobrücke rufen. „Antonello, schau mal, wir sind ganz nahe an deinem Giglio“, habe er zu dem Kellner gesagt, zitierte das Blatt Zeugen.
Daraufhin habe der Kellner gewarnt: „Vorsicht, wir sind extrem nahe am Ufer.“ Unmittelbar darauf sei das Schiff auf Felsen aufgelaufen. Laut der Zeitung vollführte die „Costa Concordia“ ein Manöver namens „Die Verneigung“, bei dem das Schiff mit voller Beleuchtung und Schiffsirenen die Küstenbewohner grüsst.
Sechstes Todesopfer gefunden
Am Sonntag hatte bereits die Staatsanwaltschaft massive Vorwürfe gegen den Kapitän erhoben. Der Kapitän habe den 114’500 Tonnen schweren Luxusliner „extrem ungeschickt“ zu nahe an die Insel herangeführt, sagte ein Staatsanwalt.
Zudem habe Schettino das Schiff lange vor dem Ende der Evakuierungsaktion verlassen. Reedereichef Foschi betonte derweil, ihm lägen „zuverlässige interne Zeugenaussagen“ vor, wonach der Kapitän „sehr lange“ an Bord geblieben sei.
Im Wrack des havarierten Luxusliners wurde unterdessen ein sechstes Todesopfer gefunden. Die Leiche eines männlichen Passagiers wurde am Morgen entdeckt, wie offiziell mitgeteilt wurde. Noch immer suchen Helfer nach zehn vermissten Passagieren und sechs Besatzungsmitgliedern.
Schweizer befinden sich keine unter den Vermissten: Alle 69 Passagiere aus der Schweiz konnten gerettet werden, wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte. Zwei Personen waren gemäss EDA leicht verletzt worden, konnten das Spital aber nach kurzem Aufenthalt wieder verlassen.