Schwerwiegende Vorstrafen versperren den Weg ins Parlament

Wer im Kanton Tessin schwerwiegende Vorstrafen hat, darf künftig nicht mehr für den Grossen Rat oder den Ständerat kandidieren. Was bereits für Exekutiven gilt, wird neu auch auf die Parlamente ausgedehnt.

Schwere Vorstrafen versperren den Weg in den Grossen Rat (Archiv) (Bild: sda)

Wer im Kanton Tessin schwerwiegende Vorstrafen hat, darf künftig nicht mehr für den Grossen Rat oder den Ständerat kandidieren. Was bereits für Exekutiven gilt, wird neu auch auf die Parlamente ausgedehnt.

Das Volk stimmte am Sonntag einer entsprechenden Verfassungsänderung zu. Insgesamt 101’070 der Abstimmenden (89,52 Prozent) sagten Ja zu einer Verschärfung der Regelung über die Nichtwählbarkeit und Absetzung von Politikern. Dagegen standen 11’829 Nein-Stimmen (10,48 Prozent). Die Stimmbeteiligung lag bei 54,91 Prozent.

Die betreffenden Vorstrafen sind definiert als Delikte, «die mit der Würde des Amtes nicht vereinbar sind». Gemäss Kanton gehören dazu Wahlbetrug, Korruption, Tötungsdelikte, sexuelle Gewalt und Geldwäscherei. Es wird aber keine Liste mit Verbrechen in die Verfassung aufgenommen. Jeder Fall soll einzeln überprüft werden.

Bisher versperrten schwerwiegende Vorstrafen im Tessin nur den Weg in den Staatsrat oder in eine Gemeindeexekutive. Inhaber öffentlicher Ämter konnten im Fall einer Verurteilung auch abgesetzt werden. Der entsprechende Passus in der Verfassung bezog die Legislativen aber nicht mit ein. Allerdings bestand schon seit 2007 eine Pflicht für Kandidaten des Grossen Rats, ihr Strafregister offen zu legen.

Mit der Verfassungsänderung, der bereits der Grosse Rat zustimmte, wird die Regelung auf das Kantonsparlament, den Ständerat und Friedensrichter ausgeweitet. Im Fall des Ständerats kann allerdings nur über die Nichtwählbarkeit von Kandidaten entschieden werden. Die Absetzung eines Ständerats liegt nicht im Kompetenzbereich des Kantons.

Unvereinbar mit Würde des Amtes

Nicht alle Vorstrafen schliessen eine politischen Karriere aus. Ob ein Delikt mit der Würde eines Amtes vereinbar ist, kommt auch auf die Rolle eines Politikers an. Gegenüber Mitgliedern von Exekutiven sei die Toleranzgrenze grundsätzlich niedriger, da sie eine höhere Verantwortung trügen, hiess es in der Regierungsbotschaft.

Nicht nur Wahlbetrug, Korruption, Tötungsdelikte, sexuelle Gewalt und Geldwäscherei seien mit ihrer Tätigkeit nicht vereinbar, sondern auch Veruntreuung, Diebstahl, Betrug und ungetreue Amtsführung. Gemeindeparlamente bleiben weiterhin ausgenommen von der Regelung. Das hat vor allem organisatorische Gründe. Für die Kandidaten besteht keine Pflicht, einen Strafregisterauszug vorzulegen.

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