Schwester mit Erwürgen bestraft – keine Reue, keine Psychose

Ein heute 57-jähriger Mann erwürgte 2014 in Aesch BL seine Schwester nicht im Affekt und war auch nicht krank: Dies sagte ein Psychiater beim Beginn des Prozesses vor dem Baselbieter Strafgericht am Montag. Der Mann erklärte seine Tat als Strafe in einem Konflikt um die Pflege der dementen Mutter.

Ein heute 57-jähriger Mann erwürgte 2014 in Aesch BL seine Schwester nicht im Affekt und war auch nicht krank: Dies sagte ein Psychiater beim Beginn des Prozesses vor dem Baselbieter Strafgericht am Montag. Der Mann erklärte seine Tat als Strafe in einem Konflikt um die Pflege der dementen Mutter.

Die beiden Geschwister lebten zum Tatzeitpunkt im Elternhaus mit der Mutter; der Vater war zwei Jahre zuvor in eine Psychiatrische Klinik eingewiesen worden. Der Konflikt drehte sich um die Aufgabenteilung bei der Pflege und im Haushalt. Wegen der Gesundheitskosten der Eltern war zudem das flüssige Eltern-Vermögen aufgebraucht.

Der Angeklagte war Beistand seiner Mutter und lebte seit 2004 im Haus. Mit zunehmendem Pflegeaufwand hatte er seine Jobs aufgegeben.

Die Schwester sei 2012 eingezogen, um ihn bei der Pflege der Mutter sowie administrativ zu unterstützen und habe Miete zu zahlen versprochen, sagte er vor Gericht. Beides habe sie aber nicht getan, auch als sie später einen Nachtschicht-Job angenommen habe.

Täter sieht sich als Opfer

Anfang April 2014 eskalierte der Konflikt, und der Angeklagte wurde nach eigenen Angaben erstmals gewalttätig gegen seine Schwester. Darauf liess sie ihn per Gerichtsverfügung aus dem Haus weisen, mit einem Verbot, sich der Schwester mehr als 250 Meter zu nähern. Damit habe er sich plötzlich ausweglos «in die Ecke gedrängt» gesehen.

Er verkroch sich vier Tage lang in die Garage 40 Meter vom Haus weg und beschloss die Schwester zu bestrafen: Es sei inakzeptabel, dass sie die hilflose Mutter in der letzten Lebensphase aus dem eigenen Daheim gedrängt habe – nach seiner Wegweisung konnte die Mutter nicht bleiben und kam in ein Heim; sie starb rund zwei Monate nach der Tat.

Den Tatablauf ist unbestritten: Der Mann schlich sich vor der Dämmerung an und dann ins Haus, als die Schwestern im Garten Enten füttern ging. Als sie zurückkam und ihn sah, habe sie geschrien und er mit einem mitgebrachten Metallrohr auf sie eingeschlagen. Dann würgte er sie mit den Händen, bis sie tot war. Anderntags kam die Polizei, auf die er gewartet hatte.

Argumentative Lücken

Seine Schwester habe ihn planmässig «abservieren» wollen: Ihn provozieren bis er zuschlägt, dann werde sie mit seiner Wegweisung «Mutter los und Bruder los», also freie Hand für einen Hausverkauf – die kritische Finanzlage akzeptierte er nicht als Hintergrund. Dass der Mutter die Tat nicht hilft, weil er ins Gefängnis kommt, habe er gewusst.

Für den Unterschied zwischen vorsätzlicher Tötung und Mord ist relevant, ob ein Täter planmässig und kalt vorgeht. Der Angeklagte gab zu, dass er wohl mit der Absicht zum Haus ging, seine Schwester niederzuschlagen und zu erwürgen. Er habe zwar gehofft, etwas halte ihn noch davon ab, konnte aber nicht sagen, was das hätte sein können.

Für das Opfer zeigte er keine Reue: «Ob richtig, ob falsch – es ist passiert». «Natürlich ist die Tat unsäglich», sagte er noch, und heute bereue er sie für die Angehörigen der Schwester. Deren Ehemann und Sohn sind im Strafprozess Privatkläger.

Stur und ichbezogen

Der psychiatrische Experte erkannte beim Angeklagten keine Störung und bei der Tat auch keine Affekthandlung, sondern verbreitete Persönlichkeitszüge in individueller Ausprägung: Der Mann sei «eher zwanghaft, etwas schizoid»; jedenfalls habe er ichbezogen Mühe, eigene Gefühle zu zeigen und jene anderer zu sehen.

«Rigide Denkmuster» wendet er laut Gutachter auf sich und andere stur an. Das zeige etwa sein Nichtzahlen von Krankenkassenprämien, weil er das gesetzliche Obligatorium für falsch hält. Er habe zudem auch familiär «nicht gelernt, eine Gesprächslösung zu finden» für Konflikte. – Das Urteil wird am Donnerstag bekannt gegeben.

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