Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schwyz muss sich zum fünften Mal mit einem Fall mutmasslicher Polizeigewalt beschäftigen. Dies hat das Bundesgericht entschieden. Es empfiehlt der Untersuchungsbehörde, den federführenden Staatsanwalt auszuwechseln.
Das Auswechseln sei gesetzlich zwar nicht zwingend. Es sei aber im Interesse des Kantons Schwyz, um «jeden Anschein von Befangenheit oder Mauschelei zu vermeiden», schreibt das Bundesgericht in einem am Dienstag publizierten Entscheid. Es sei «offensichtlich eine gewisse Unwilligkeit» vorhanden, die «Sache erhellend abzuklären».
Das mutmasslich unverhältnismässige Vorgehen von vier Schwyzer Polizisten ereignete sich im September 2012. Sie holten im Auftrag des Betreibungsamtes einen Mann ab – es ging um eine offene Forderung von 66 Franken. Die Polizisten erlaubten den Mann noch, seinen Lieferwagen umzuparkieren.
In Schwitzkasten genommen
Was danach geschah, ist umstritten: Nach Aussagen des Betroffenen nahmen ihn die Polizisten unvermittelt in den Schwitzkasten und packten ihn am Kopf. Sie drückten ihn auf die Kühlerhaube eines nebenstehenden Autos. Daraufhin hätten sie ihn gefesselt.
Wegen der Gewalteinwirkung habe er wahrscheinlich kurzzeitig das Bewusstsein verloren. Er sei ins Spital gefahren worden, wo man ihn während einer längeren Untersuchung ans Bett gefesselt habe. Der Mann wurde für drei Tage fürsorgerisch untergebracht, wie aus dem Urteil des Bundesgericht heisst. Es wurde keine Selbst- oder Fremdgefährdung festgestellt.
Strafverfahren im dritten Anlauf
Der Betroffene reichte eine Anzeige ein. Die Staatsanwaltschaft entschied zwei Mal, dass an der Sache nichts dran sei und verfügte jeweils eine Nichtanhandnahme. Erst im dritten Anlauf eröffnete sie ein Strafverfahren gegen die vier Polizisten – dies wegen Amtsmissbrauchs, Freiheitsberaubung, Entführung und einfacher Körperverletzung.
Wiederum nach einer Beschwerde musste die Staatsanwaltschaft die Untersuchung ergänzen. Im Mai vergangenen Jahres stellte sie das Verfahren abermals ein. Dagegen ging der Betroffene bis vor Bundesgericht. Dieses hat seine Beschwerde nun teilweise gutgeheissen.
«Beträchtliche Gewaltanwendung»
Die Lausanner Richter halten fest, dass nicht klar sei, ob der Einsatz der Polizisten recht- und verhältnismässig gewesen sei. So sei fraglich, ob der Betroffene überhaupt hätte gefesselt werden müssen. Nicht alle Beamten hätten nämlich ausgesagt, dass davor eine längere Diskussion mit dem Mann geführt worden sei.
Zudem wende der Mann zu Recht ein, dass er weder kriminell noch als gewalttätig bekannt sei. Es sei auch nur um eine offene Forderung von 66 Franken gegangen.
Auch bezüglich des Niederdrückens auf die Motorhaube sei der Hergang unklar. Die Tatsache, dass auf der Haube eine Delle entstand, die repariert werden musste, lässt laut Bundesgericht auf eine «beträchtliche Gewaltanwendung schliessen». (Urteil 6B_979/2016 vom 20.02.2017)