Sechs Millionen Frauen in Marokko sind Opfer von Gewalt, davon mehr als die Hälfte in der Ehe. Diese Zahlen nannte die marokkanische Ministerin Bassima Hakkaoui auf einem internationalen Kongress in Casablanca an dem Treffen zum Thema Gewalt gegen Frauen.
Die Ministerin für Frauen, Familie und soziale Entwicklung prangerte die Gewalt zuhause und in der Öffentlichkeit sowohl in körperlicher als auch in verbaler Form, insbesondere auf der Strasse, an. Hakkaoui ist die einzige Frau im Kabinett des seit Januar regierenden islamistischen Ministerpräsidenten Abdelilah Benkirane.
Ein Gesetzentwurf, der die verschiedenen Formen häuslicher Gewalt auflistet, wurde 2010 ins marokkanische Parlament eingebracht, von den Abgeordneten bislang aber nicht verabschiedet. Die marokkanische Anwältin und Aktivistin Aiche Lekhmass sagte auf dem Kongress, solange junge Frauen sich umbrächten, weil sie zwangsverheiratet würden, gebe es noch viel zu tun.
Die mauretanische Soziologin Aicha Bah Bah führte aus, dass in ihrem Land an mehr als 70 Prozent der Mädchen die so genannte Exzision praktiziert wird, die komplette oder teilweise Amputation der Klitoris und der inneren Schamlippen. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt die Zahl der beschnittenen Frauen auf 100 bis 130 Millionen.
Frauen in Mauretanien werden Bah Bah zufolge regelmässig geschlagen. Wenn ein Mann seine Frau schlage, heisse es mitunter, er tue das zu ihrem Schutz.
Eine weitere Form der Gewalt sei es, junge Mädchen mit Essen vollzustopfen, damit sie dem gängigen Schönheitsideal entsprächen, übergewichtig zu sein und im Alter von zehn oder elf Jahren verheiratet werden könnten.
Auf dem von der Marokkanischen Menschenrechtsorganisation (OMDH) und der jordanischen Vereinigung Gewalt gegen Frauen initiierten Kongress waren etwa 20 arabische Länder vertreten.