Anne-Sophie Mutter bestellt Violinkonzerte en gros. In Basel stellt sie jetzt eines vor: «Time Machines».
«Ich habe sie spielen gehört, als sie 13 oder 14 Jahre alt war. Ich musste weinen.» Das sagte einst Paul Sacher in einem Interview, und er ist nicht der Einzige, dem es so ging. Anne-Sophie Mutter ist eine Ausnahmebegabung. Der Kreis ihrer Anhänger wächst, sogar jetzt, in ihrem 49. Altersjahr – eine Seltenheit im Klassik-Betrieb, der sonst so gerne unverbrauchte Gesichter vermarktet.
Grund für Mutters anhaltenden Erfolg ist nicht nur ihr unverkennbares Geigenspiel, ihr einzigartiger Klang, der zwischen satter Wärme und silbrigem Schillern changiert. Es ist auch ihr unermüdlicher Einsatz für die Neue Musik, dem selbst jene Achtung zollen, die sich an ihrem romantischen Ton ein wenig sattgehört haben.
Currier würzt den Geigenpart mit harschen Passagen
War es einst Paul Sacher, der für die junge Geigerin Violinkonzerte in Auftrag gab, so bestellt sie sie mittlerweile eifrig selbst. Vorgabe an die Komponisten ist stets, dass ihre Geige melodisch singen darf. «Gesungene Zeit» nannte Wolfgang Rihm ein ihr gewidmetes Werk daher treffend.
Dem Wunsch nach singenden Geigenmelodien entsprach auch der Amerikaner Sebastian Currier, dessen Violinkonzert «Time Machines» 2011 uraufgeführt wurde und das Anne-Sophie Mutter nun in Basel bei der Allgemeinen Musikgesellschaft spielen wird. Currier würzt den Geigenpart durchaus auch mit harschen Passagen – doch die wuchtigsten Momente bleiben dem Orchester vorbehalten.
Begleitet wird sie vom Radio-Sinfonieorchester Stuttgart
Mutter hat noch ein zweites Werk im Gepäck, einen Evergreen, in den sich jeder Geigenschüler mindestens einmal in seinem Leben verliebt: das Violinkonzert von Max Bruch. Das dunkle g-Moll, die solistische Exposition, die die Violine aus tiefsten Gefilden in strahlende Höhe emporschwingen lässt, die dramatischen Passagen, die virtuosen, vollgriffigen Akkorde, die melancholischen Melodien – all das macht dieses Konzert zu einem der schönsten, die die Epoche der Romantik hervor gebracht hat. Mutter hat das Werk in sehr jungen Jahren auf CD aufgenommen und seither unzählbare Male im Konzert gespielt. Ob sie diesem Werk nach all den Jahren noch neue Seiten abgewinnen kann? Singen jedenfalls darf ihre Geige auch hier.
Begleitet wird sie dabei vom Radio-Sinfonieorchester Stuttgart unter der Leitung des jungen Dirigenten Michael Francis. Deren Tourneeprogramm hält für Basel noch Aaron Coplands «Appalachian Spring» bereit, eine Ballettmusik aus dem Jahr 1944, benannt nach dem Gebirge im Osten der USA. Tonal und voller atmosphärischer Momente zeichnet Copland diesen Frühling nach, in einem Stil, dem man noch heute in der Filmmusik zu Landschaftsaufnahmen begegnet.
Basel, Stadtcasino. Musiksaal.
Dienstag, 24. Januar, 19.30 Uhr.
www.konzerte-basel.ch
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 20/01/12