Unmittelbar vor dem Ablauf einer Frist haben sich die nach Unabhängigkeit strebenden Parteien in der spanischen Region Katalonien auf die Bildung einer Regierung geeinigt. Neuer Ministerpräsident wird der bisherige Bürgermeister von Gerona, Carles Puigdemont.
Das teilte der scheidende Regierungschef Artur Mas am Samstagabend mit. Wäre bis Sonntag keine Koalitionsbildung gelungen, wären Neuwahlen in der wirtschaftsstärksten Region Spaniens fällig geworden.
Die Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam fürs Ja) der liberalen Politiker Mas und Puigdemont erhielt aber während eines letzten Treffens am Samstag die Unterstützung der kleinen linksradikalen Partei CUP. Die Regierungsbildung war bislang daran gescheitert, dass Mas lange Zeit auf einen Verbleib im Amt bestand, die CUP aber unbedingt einen neuen Regierungschef wollte.
Nach wochenlangen zähen Verhandlungen gab Mas nun nach. Er mache «einen Schritt zur Seite, um das Land (Katalonien) vorwärts zu bringen», sagte der 59-Jährige vor Journalisten im katalanischen Regierungspalast in Barcelona.
Der Neue ist Parteikollege von Mas
Sein Nachfolger Puigdemont ist ein gelernter Journalist, der unter anderem 1998 die Katalanische Nachrichtenagentur mitgegründet und auch die englischsprachige Regionalzeitung «Catalonia Today» geleitet hat. Der 51-Jährige gehört wie Mas der liberalen Demokratischen Konvergenz (CDC) an.
Der Jubel der Separatisten folgte umgehend. «Grosser Erfolg. Es gibt ein Abkommen. Wir haben eine Regierung und Stabilität», schrieb der Präsident der einflussreichen Bewegung «Katalanische Nationalversammlung» (ANC), Jordi Sánchez, auf Twitter.
Absolute Mehrheit verloren
Die Allianz Junts pel Sí, die wie die CUP die Trennung Kataloniens von Spanien innerhalb der nächsten 18 Monate verwirklichen will, hatte bei der Regionalwahl am 27. September zwar die meisten Sitze im Regionalparlament gewonnen, die absolute Mehrheit aber verpasst. Zum Weiterregieren war die Allianz daher auf die Unterstützung der Linksradikalen angewiesen.
Die Separatisten der Region im Nordosten Spaniens hatten nach den Wahlen im Regionalparlament bereits eine Resolution zur Einleitung des Unabhängigkeitsprozesses verabschiedet. Das Madrider Verfassungsgericht erklärte den Beschluss auf Klage der Zentralregierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy aber für illegal.
Die Separatisten betonten, der Prozess zum Aufbau eigener staatlicher Institutionen solle ungeachtet des Neins des Verfassungsgerichts fortgesetzt werden.
Im Resolutionsentwurf des Parlaments heisst es, man habe durch den Wahlsieg ein «demokratisches Mandat» für die Trennung von Spanien erhalten.