Neun Gegentore in Unterzahl und einen Shorthander kassiert. Kein Wunder, droht dem in Spezialsituationen überforderten Genève-Servette gegen Zug ein «Blitz-Playoff-Out» in vier Spielen.
Im Jahre 2009 gegen Kloten hatten die Genfer letztmals eine Viertelfinalserie ohne Erfolgserlebnis beendet. Auch damals war Servette Qualifikations-Sechster.
Gegen den EVZ hat Servette in der Meisterschaft mittlerweile acht Pleiten in Serie aneinandergereiht. Das Selbstvertrauen vom letzten Hoch, als die Genfer 18. Februar mit einem 6:4 über Lausanne den siebten Sieg aus acht Spielen feierten, ist der Ernüchterung gewichen.
«Frust nicht im Zaum gehalten»
Mit der unglücklichen Niederlage zum Playoff-Auftakt in Zug (2:3 n.V.), als man den 2:1-Vorsprung um 7,4 Sekunden nicht über die Zeit retten konnte und dann in den Verlängerung den Sieg vergab (Tim Traber verfehlte leeres Tor/64.), ist beim Team von Chris McSorley der Faden gerissen.
Goran Bezina, der 36-jährige Verteidiger-Hüne von Servette, fand nach dem 1:5 in Spiel 3 in Zug gegenüber der Nachrichtenagentur sda deutliche Worte: «Wir haben wie beim 2:5 in Spiel 2 unseren Frust nicht im Zaum gehalten und mit unseren Strafen den zweiten Match in Folge abgegeben. Es war der Fehler aller 25 Spieler unseres Teams, dass es soweit gekommen ist.»
Keine Moralspritze aus Penaltykilling
Dabei hätte Servette noch Mut aus dem eigenen Penaltykilling schöpfen können. 81 Sekunden in doppelter Unterzahl überstanden die Genfer am Donnerstag noch im Startdrittel beim Stande von 0:0. Doch als Moralspritze wirkte dies nicht – im Gegenteil. Die Genfer agierten zu statisch, sie produzierten weiter Strafen am Fliessband; deren 16 Zwei-Minuten-Strafen sowie einen Restausschluss (Traber). Geahndet wurden überwiegend Behinderung, Halten und Beinstellen. Schon am Dienstag hatten die Genfer vor eigenem Publikum 71 Strafminuten kassiert.
Und auch am Donnerstag wankten sie sowohl im Zweikampfverhalten als auch gedanklich buchstäblich hinterher. Hinzu kamen in Spiel 3 auch Stockfehler im eigenen Powerplay (z.B. von Nationalverteidiger Romain Loeffel), als die Partie im Startdrittel noch 0:0 stand.
Servette-Trainer Chris McSorley streicht zwar die Wettbewerbsfähigkeit seines Teams bei fünf gegen fünf heraus, will aber auch Fehler bei numerischem Gleichstand nicht kleinreden. Der jeweils beim Stande von 0:4 in den letzten beiden Spielen ausgewechselte Goalie Robert Mayer wurde in diesem Zusammenhang nicht in Schutz genommen: «So kann er die Pucks natürlich nicht weggeben», sagte der Kanadier zum missratenen «Ausflug», der unmittelbar vor Ende des Startdrittels von Spiel 3 das vorentscheidende 0:2 bedeutete.
Aussetzer, die der amerikanische Sportpsychologe Saul Miller, in der Vorsaison «Hintergrund-Meistermacher» beim SCB, nun beim EVZ tätig und neuerdings auch zum Staff des Schweizer Nationalteams zählend, wohl abstellen könnte. «Miller hat uns auf jeden Fall weiter gebracht, sei es durch seine Werkzeuge zur Entspannung oder der Fokussierung», bestätigt der EVZ-Kanadier David McIntyre, der in Spiel 3 als dreifacher Torschütze glänzte.
Restart angezeigt
Genfs Leader Bezina fordert nun im Sinne Millers einen Restart in den Köpfen aller Servette-Spieler: «Wir müssen alles vergessen, was in dieser Serie war. Und einen Neubeginn machen. Am Samstag haben wir die letzte Möglichkeit fürs Erwachen.»
Der langjährige Captain der Grenats mit kroatischen Wurzeln, aufgewachsen im Unterwallis und bei Fribourg-Gottéron in die NLA gekommen, wird seine Karriere auf jeden Fall als Spieler fortsetzen – selbst wenn Genf auch den vierten Playoff-Viertelfinal verlieren sollte. «Ein Verbleib bei Servette ist möglich oder auch eine Rückkehr zu Medvescak Zagreb, falls sich der Klub eine weitere KHL-Saison leisten kann», so der frühere Schweizer Nationalverteidiger, der die Saison in der KHL begann und bis Ende Januar 56 Spiele für die Kroaten bestritt.
In der KHL hätten die Schiedsrichter durchaus eine andere Linie bei der Spielleitung. «Doch darüber zu diskutieren, ist überflüssig. Tatsache ist, dass es blöd war, was wir hier in den letzten zwei Spielen auf dem Eis machten. Nur wir selbst erlaubten den Schiedsrichtern, Strafen gegen uns auszusprechen. Wir brauchen Härte, Energie und Intensität, aber keine doofen Strafen», so Bezina.
Andernfalls droht den Genfern gut einen Monat nach dem 2:5 im Cupfinal in Kloten eine noch herbere Enttäuschung. Und der ewige Traum vom Gewinn des ersten Meistertitels in der Klubgeschichte wäre erstmals seit 2013 schon in der ersten Playoff-Runde geplatzt.